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BERLINER DIALOG 13, 2-1998 - Michaelis

DIALOG & APOLOGETIK

Erfahrungen mit der Holic-Gruppe
Überraschungsbesuch im Bibelkreis Falkenhagen
von Carsten Schwarz

Falkenhagen, den 3. April 1998

Liebe Geschwister!
Hiermit möchte ich Sie über Aktivitäten einer Gruppe informieren und vor diesen auch warnen. Im Kirchenkreis Seelow haben sich telefonisch ziemlich flächendekkend junge Leute gemeldet und interessiert nach Bibelkreisen und Jungen Gemeinden gefragt. In meiner Gemeinde sind sie bisher zweimal aufgetaucht (Kreis Junger Erwachsener und Junge Gemeinde - eigentlich wollten sie den Jugendgottesdienst besuchen, der ausfiel).
Kollegen haben bisher Anrufe, aber noch keinen Besuch gehabt.
Auffällig: Man bekommt eigentlich nicht heraus, wer sie sind und woher sie kommen. Sie sind halt "nur zufällig in der Gegend" und "haben vom Kreis hier gehört". Sie sind einfach nur "Christen, die einen Bibelkreis suchen", den sie bisher nicht gefunden haben (ohne jeden Gemeindehintergrund).
Das einzige, was man erfährt sind die Vornamen, sie kommen "aus Berlin" - Nachfrage: "Ostteil" - Nachfrage: "Friedrichshain" - das aber auch nur noch herausgequetscht!
Diese jungen Leute sind sehr "bibelinteressiert" und auch "bibelfest". Die zweite "Delegation" versuchte dann auch, eine neue Besucherin der Jungen Gemeinde in ein Gespräch zu ziehen, während mich der andere in einem Gespräch ablenkte. Als ich mich in das Gespräch einmischte, stellte sich schnell die extrem biblizistische und starr gesetzliche Haltung der beiden heraus, die kein Gespräch suchten, sondern nur Abgrenzung.
Beim Gebet konnten sie nicht mitbeten (Das Vaterunser wurde nicht mitgesprochen). Auf Nachfrage: "Wir können doch nicht mit jedem beten; wir müssen doch erst mal sehen, ob die Grundlage stimmt und Ihr wirklich Christen seid! Und wir hatten doch recht, daß wir keine gemeinsame geistliche Grundlage haben."
(Wer mich kennt, weiß, daß ich gewiß nicht im "Verdacht" stehe, "bibelkritisch" o.ä. zu sein.)
Tauchen also auch bei Ihnen - angemeldet oder auch nicht - zwei junge, an der Bibel interessierte, aber eher anonym bleibende Leute auf, so ist es nicht allzu sinnvoll, hier echtes Interesse an geistlicher Gemeinschaft oder Ihren Gemeindekreisen zu vermuten.
Nach Angaben von Bruder Gandow handelt es sich wohl um die "Holic-Gruppe", eine christliche Sekte aus Österreich, die außer in Österreich vor allem in Sachsen, Ungarn und Tschechien wirkt. Mittlerweile hat sie eine Wohngemeinschaft in Berlin. Innerhalb der Kirche spricht sie vor allem junge Leute an, versucht, in Kreise und Veranstaltungen einzudringen, um einzelne in ihre eigene Gruppe abzuwerben - die einzige wahre christliche Gemeinschaft.
Die Gruppe ohne jede Privatsphäre lebt in Gütergemeinschaft und teilt auch alle Gedanken (kein eigenständiges Denken alles wird in der Gruppe geprüft, ob es "vom Geist ist"). Es gibt für alle Fragen eine biblische Antwort, und zwar eine 100%ig eindeutige.

Mit freundlichen Segenswünschen,
Ihr Carsten Schwarz,
Pfarrer i.E. in Falkenhagen


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Protokoll einer versuchten Unterwanderung

Februar: Eine junge Dame ist am Telefon. Sie hat "von einem Pfarrer aus Seelow" gehört, daß wir einen Kreis junger Erwachsener haben. Was wir denn machen? Bibelarbeit? Über Thema "Sünde"?! Interessant! Können wir mal vorbeischauen? - Gerne, selbstverständlich!
Donnerstag: Kreis junger Erwachsener. Zwei junge Damen sind dabei. Sie stellen sich vor. Mit Vornamen. Kommen aus Berlin. - Wo denn da? - Aus dem Ostteil. Und wo da? - Aus Mitte/Friedrichshain. Sie sind öfter mal in der Gegend und suchen einen Bibelkreis. - Hier? In Berlin gibt's doch recht viele?! - Wir haben da nichts gefunden.
Der Abend vergeht. Die beiden erweisen sich als sehr bibelkundig und machen bei der Bibelarbeit auch mit - bei der Gebetsgemeinschaft beteiligen sie sich nicht beim Vaterunser sprechen sie nicht mit. Sie gehen nach dem Bibelteil, zum gemütlichen Teil bleiben sie nicht.
Ich lade sie zum Gottesdienst "Junge Gemeinde" am 27. März ein.
- Sie sind weg: "Was waren das denn für Leute?" - "Mensch, sei doch nicht gleich so mißtrauisch!!!" gebe ich zur Antwort.
März: Der Gottesdienst "Junge Gemeinde" (GD JG) fällt aus diversen Gründen aus. Junge Gemeinde versammelt sich. Zwei junge Männer kommen: Ist denn heute kein Jugendgottesdienst? Ach so, wir bleiben dann zur Jungen Gemeinde. - Na klar. Gerne. - Vorstellung mit Vornamen. - Woher habt Ihr denn vom Jugendgottesdienst gehört? Von Freunden. - Und woher kommt Ihr? Aus Berlin. Wir sind öfter mal zwischen Berlin und Polen unterwegs. Was macht Ihr denn so in der Jungen Gemeinde? Auch Bibelarbeit? - Ja. ...
Der Vortrag eines Jugendlichen über "Scientology" fällt aus, weil er nicht kommt. Alternative: Besprechung eines Stückes für den Ostergottesdienst. Rollenverteilung. Lesen des Stückes, das Verkündigung im Gottesdienst sein soll ("Auferstehung"). Danach Gebet von mir, gemeinsames Vaterunser. Die beiden beten nicht mit. Danach: Spiele. Sie machen nicht mit, wollen aber auch noch nicht gehen.
Gemeinsamer Abschluß mit Leseandacht. Offener Teil. - Macht ihr denn noch was? - Spielen, reden, beisammen sitzen. Sie bleiben. Einer fängt mit einem Mädchen (neu! Hatte sich auch vorgestellt) ein Gespräch an. Der andere mit mir über die Gemeinde und was wir so machen, wie der Jugendgottesdienst so abläuft.
Die anderen spielen, reden. Ich merke, das Gespräch der beiden anderen ist sehr intensiv. Sehr nachdrücklich redet der junge Mann auf das Mädchen ein. - Ich drehe den Spieß mit meinem Gesprächspartner um. Frage, aus welcher Gemeinde in Berlin er denn kommt. - Keine. - Wie seid Ihr denn zum Glauben gekommen? - Wir lesen zusammen die Bibel. Alleine? - Nein, wir kennen schon ein paar Christen. - Und woher kommen die? - Mit denen treffen wir uns halt. - Warum sucht Ihr keine Gemeinde in Berlin? Keine gefunden, die zusagt. Alles zu cluboder sozialmäßig. Zuwenig Bibelarbeit. Ich kenne viele Gemeinden, wo viel Gemeinschaft und Bibelarbeit los ist. Interesse an Adressen? - Ja. - Jetzt ist es gerade schlecht. Ich schreibe sie morgen auf. Gib mir doch eure Adresse. Ich gebe die Adressen der Gemeinden dann durch. - (Röte steigt ins Gesicht). Mit dem Telefon ist das schwierig bei uns, schreibe doch einfach eine Adresse auf. Ich hole mir dann die anderen Adressen von demjenigen. - Ich breche das Gespräch ab.
Die anderen warten auf ein Spiel. Das "neue" Mädchen kann sich nicht aus dem Gespräch lösen. Mit Blicken schicke ich einen Älteren zu ihr; gehe, sobald ich kann, selber rüber. Frage nach, worum es geht. - Um Konfessionen. - Manchmal bin ich richtig froh, daß es die gibt (wenn sie sich nicht gegenseitig bekämpfen). Ich kann da Vieles entdecken, was die eigne Prägung ergänzt. - Nein, das kann nicht sein. In der Bibel steht: die Christen sollen eins sein. In der Bibel steht die Wahrheit, da haben Streitigkeiten und sog. "Vielfalt" keinen Platz. Christen zeichnen sich durch die Einheit aus statt durch Spaltung und Unterschiede.- Ich verweise auf überkonfessionelle Veranstaltungen wie "Pro Christ" oder den "Tag der Ermutigung" im französischen Dom in Berlin, wo viele verschiedene Christen unter Gottes Wort und Gebet, Gespräch und Gemeinschaft zusammenkommen und gemeinsam zum Glauben einladen; wo sie die Mitte des Glaubens und nicht die Unterschiede herausstellen, eins sind. - Nein, das ist alles nur äußerlich. Da ist keine Einheit. - Ich habe jahrelang mit einem syrisch-orthodoxen Christen in einer Gemeinde zusammen gelebt. Lebe jetzt mit Katholiken in einer Kirchengemeinde. - Nein, Ihr habt nicht zusammen gelebt. Ihr seid nur ab und zu zusammen gekommen. Das ist keine Gemeinschaft. - Wie sieht die denn aus? - Die Urgemeinde war jeden Tag als eine Gemeinde zusammen. - Ich versuch mir das in Berlin vorzustellen. - Er fühlt sich verschaukelt. - Ich meine es ernst: Wie soll das aussehen? Eine Gemeinde in Berlin? - Steht in der Bibel! So geht es weiter: Es geht um Fragen wie Ehebruch, Ehescheidung. Es geht darum, daß ein Christ nicht raucht. Kurz: Es wird härter. Ist das Gesetz für den Menschen oder der Mensch für das Gesetz da? Ist das Gesetz Jesu härter, enger als das des Mose? Wie radikal ist die Erlösung und die Möglichkeit zum Neuanfang? Ich stelle bei mir ein großes Unbehagen fest.
Die beiden Damen vorigen Monat kommen mir wieder stark ins Bewußtsein (nichts von sich sagen, keine Gemeinde, Suchen eines Bibelkreises, Vaterunser nicht mitbeten). Ich sage es. Wir waren doch offen. - Warum habt Ihr uns nicht gefragt, ob wir noch über dies oder jenes reden wollen, daß es euch interessiert? Warum eine von uns alleine angesprochen? - Wir haben doch gesagt, wer wir sind und was wir wollen. Und jetzt reden wir über die Bibel, und das wollten wir. Warum habt ihr nicht mit uns gebetet? Gebet ist doch die Lebensäußerung von Christen. - Wir können doch nicht mit jedem beten. Wir müssen uns doch erst einmal kennenlernen, ob wir eine geistliche Grundlage haben. Außerdem hat Jesus das Vaterunser nicht dazu gegeben, das in einem so herunterzurattern (und danach gleich eine rauchen gehen). Außerdem sehen wir doch jetzt, daß wir recht hatten: Wir haben keine geistliche Grundlage und Gemeinschaft. Sie gehen.

Nachgespräch mit den Jugendlichen:
Wie hat das "neue" Mädchen die Sache empfunden?

Zuerst normal, dann sehr unwohl, bedrängt; ihre Meinung zählte gar nicht. Am meisten hat sie die Rede von der Gemeinschaft irritiert, in der er jetzt lebt (nur im Einzelgespräch erwähnt) und die die richtige Form von christlicher Gemeinschaft ist. Diese kirchlichen Zusammenkünfte sind doch keine richtige christliche Gemeinschaft. Auf die Aussage, daß sie auch andere Freunde habe und ein Privatleben, widerspricht er. Meine Freunde habe ich in der Gemeinschaft und meine Ruhe finde ich in Gott. Was anderes brauche ich nicht.
Austausch in der Gruppe. Gut: Anfrage, wie ernst ich mein Christsein nehme. Schlecht: Sie picken sich das "schwächste" Glied der Gruppe heraus: eine relativ Neue. Vom Gott der Liebe und Barmherzigkeit spürt man wenig. Was wollten die denn von uns?
Wir gehen die "EBI-Checkliste für Einsteiger" durch (Stichpunkte zur Kontrolle, ob es sich um eine Sekte handeln könnte). Wir entdecken einiges. - Andere Gemeinden im Kirchenkreis sind ebenfalls schon angerufen worden...
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Stichwort: Holic-Gruppe
Kurzdarstellung einer neuen christlichen Sekte
von Gerald Kluge

Die Gruppe wurde Ende der 70er Jahre von Gottfried Holic, einem ehemaligen katholischen Theologiestudenten aus Wien gegründet. Nachdem er sich zunächst in verschiedenen anderen christlichen Gemeinschaften engagiert hatte, begann er seine eigene Gruppe aufzubauen.

Verbreitung

Zuerst breitete sich die nach ihm benannte Holic-Sekte in Österreich aus. Dort warb sie ihre Mitglieder vor allem unter Studenten. Bald ging man aber auch in verschiedenste christliche Gemeinden, um Mitglieder zu rekrutieren.
Einige Zeit später erfolgte der Schritt nach Ungarn hinüber, wo die Gruppe inzwischen über 100 Anhänger haben soll. 1988, noch vor dem Fall der Mauer, ist sie erstmals in Sachsen aufgetreten. Recht massiv erfolgt die Werbung in Sachsen dann seit der Wende. Sie hat inzwischen Wohngemeinschaften in Hausdorf bei Colditz, Dresden, Weischlitz bei Plauen und Bad Elster. Auch in Berlin gibt es eine Wohngemeinschaft. In Österreich ist es eher ruhiger um die Sekte geworden. Vermutlich kann dieses Gebiet für sie als abgegrast gelten. Die Holic-Gruppe ist dort inzwischen allgemein bekannt und hat bei Werbeversuchen nur noch sehr mäßige Erfolge. Dagegen sind die neuen Bundesländer Deutschlands und Staaten des ehemaligen Ostblocks verlockende Missionsfelder. Folgerichtig geht die Hauptexpansionsrichtung der Gruppe nach Osten. Es gibt bereits Wohngemeinschaften der Sekte in Polen (nahe Breslau/Wroclaw), Litauen, der Tschechischen Republik (bei Prag) und in Ungarn.
In Deutschland ist die Holic-Sekte abgesehen von der Berliner Wohngemeinschaft eigentlich nur in Sachsen vertreten. Allerdings gehen ihre Aktivitäten von dort aus bereits auch nach Nordbayern, Ostthüringen und Brandenburg. In Sachsen und Berlin gibt es schätzungsweise 40 bis 60 Mitglieder. Weltweit kann man die Zahl nur grob zwischen 200 und 500 schätzen.

Werbung und Rekrutierung

Die Suche nach neuen Mitgliedern geschieht so gut wie ausschließlich in bereits bestehenden christlichen Kirchen und Gemeinschaften und dort vor allem unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Mehrmals in der Woche sind Werber der Sekte unterwegs, um Treffen von engagierten Christen aufzusuchen. Beliebte Anlaufpunkte sind Jugendgruppen, Bibel- und Gebetskreise, Evangelisationen und christliche Großveranstaltungen (Kirchentage, Papstbesuche, Taizé-Treffen, Jugendevangelisationen...). Die Sektenanhänger gehen meist zu zweit in solche Gruppen und Treffen hinein und versuchen dort, die Diskussion und den Gesprächsverlauf an sich zu reißen. Zu ihrer eigenen Herkunft machen sie nur ungenaue Angaben. Sie sagen von sich meist nur "Wir sind Christen". Eine eigene Bezeichnung oder Konfessionszugehörigkeit (evangelisch, katholisch, freikirchlich...) wird von ihnen abgelehnt. (Der Begriff "Holic-Gruppe" oder "HolicSekte" ist nur eine Arbeitsbezeichnung der Sektenfachleute). Deshalb sind HolicWerber mitunter auch schwer zu erkennen. In der Diskussion versuchen sie dann bei den Zuhörern Aversionen gegen deren Kirche/Gemeinde bzw. Gruppe zu wecken. Zum einen werden tatsächliche und vermeintliche Untaten der Kirchengeschichte genüßlich ausgebreitet, zum anderen wird der Lebensstil der Holic-Sekte als der einzig biblische dargestellt. Demgegenüber seien alle anderen christlichen Gemeinschaften lau und inkonsequent bzw. vom wahren Glauben abgefallen. Mitunter suchen sich die Werber auch einzelne Jugendliche aus, die ihnen menschlich oder von ihren hohen geistlichen Erwartungen als nicht in die Gruppe integriert erscheinen. Diese werden dann noch einmal möglichst unter vier Augen angesprochen.
Interessenten bekommen eine Einladung in die Gruppe, wo sie dann eine sehr herzliche und intensive Atmosphäre erfahren. Neulinge sind oft fasziniert von dem angeregten geistlichen Tun (lange Bibellesungen, viel Gebet) und der Ernsthaftigkeit, mit der sich die Holic-Anhänger um ein bibelgemäßes Leben bemühen.

Rigorismus

Die moralischen Forderungen in der Holic-Gruppe gehen sehr weit. Für einen Außenstehenden mutet der Sündenkatalog mitunter abenteuerlich an. So gelten z. B. schon Genußmittel (Rauchen, Alkohol, Kaffee, Tee, Eis, mitunter Süßigkeiten) ebenso als Sünde wie Unterhaltung oder die Beschäftigung mit einem Hobby (Musik, Garten ...). Ein Hobby würde man leicht zu seinem Götzen machen und damit sich selbst und nicht Gott dienen; und dann sei es auch verschwendete Zeit, die man besser für die Missionierung verwendet sollte.
Generell ist bei den Anhängern ein ständiges Bemühen zu spüren, Gott mit ihrem Tun zu gefallen. Deshalb werden mitunter ganz normale Handlungen (mit Kindern spielen, statt ihnen gerade jetzt aus der Bibel vorzulesen; ins Theater gehen; sich mit jemandem zum Kaffee treffen...) hinterfragt: Ob das jetzt nicht eventuell eine Sünde sei?

Verhalten nach außen

Nach der Lehre der Holic-Sekte muß sich die wahre Gemeinde auch von allen Sündern trennen, wozu sie jeden zählen, der nicht in der Holic-Gruppe mitleben will. Deshalb schränkt ein neugeworbenes Mitglied auch bald seine Kontakte zu ehemaligen Freunden, aber auch den eigenen Eltern und Geschwistern ein bzw. bricht sie ganz ab.
Freunde und Verwandte beobachten bei neugeworbenen Anhängern eine radikale Persönlichkeitswandlung innerhalb weniger Tage. Die so Geworbenen sind dann auch nicht mehr für kritische Diskussionen über die Gruppe bereit bzw. fähig. Entweder wird ein derartiges Gespräch abgebrochen, oder man spürt hinter den Worten die auswendiggelernten Argumente. Sollte ein Mitglied einmal keine Antwort wissen, wird das Problem in der Gruppe ausgiebig besprochen, bis man eine "Lösung" gefunden hat, die in das eigene Denkschema hineinpaßt.
Angehörige bemerken mit der Zeit eine immer stärker werdende Gefühlskälte und ein hochmütiges Überlegenheitsgefühl des Sektenanhängers ihnen gegenüber.

Leben in der Gruppe

Sehr großer Wert wird unter den HolicAnhängern allerdings auf Gemeinschaft in der Gruppe selbst gelegt. Man muß sich jeden Tag zu Gebet und Bibelstudium treffen (nach Meinung der Gruppe ein unverzichtbares Kennzeichen wahrer Christen). In der Sekte herrscht Gütergemeinschaft. Dazu zählt nicht nur die materielle Ebene mit den Einkünften der einzelnen Mitglieder, sondern auch die geistige. So gibt es regelmäßig öffentliche Sündenbekenntnisse vor der Gruppe. Alles, was nach Ansicht der Sekte die Gemeinschaft schädigt, gilt als Sünde. Dazu zählen u.a. das private Bibelstudium und Gebet, engere Freundschaften von einzelnen Mitgliedern oder auch ein Familienleben. Letztlich ist jede Privatsphäre verdächtig. Deshalb wird auch Sexualität stark abgelehnt. Auch dabei würde es sich nur um eine egoistische Zweierbeziehung handeln. Und es gebe angesichts des nahen Weltendes jetzt auch wichtigere Dinge.
Durch die Betonung der engen Gemeinschaft innerhalb der Gruppe und die verordnete Einschränkung der Kontakte nach außerhalb kann es innerhalb kurzer Zeit zu der auch bei anderen Sekten zu beobachtenden Abhängigkeit von der Gruppe kommen.
Eine regelrechte Struktur oder festgelegte Hierarchie gibt es in der Holic-Sekte noch nicht. Es wird
großer Wert darauf gelegt, daß alle gleichberechtigt mitmachen. Allerdings haben die "älteren Geschwister" durch
ihre "Erfahrungen" doch eine gewisse Autorität.
Jede Woche treffen sich die verschiedenen Wohngemeinschaften in Sachsen und Berlin an einem gemeinsamen Ort (praktischerweise meist nahe der Autobahn oder gar auf einer Autobahnraststätte) zu Gespräch und Bibellesung. An den Wochenenden ist die Gruppe ebenfalls
oft unterwegs, sei es auf Reisen zu Wohngemeinschaften im östlichen Ausland oder zu ausgedehnten Wanderungen mit intensiven Gesprächen und Bibellesungen. Allgemein braucht das Leben mit der Gruppe viel Zeit (u. U. bis spät in die Nacht), was man vor allem bei Neugeworbenen an deutlichen Übermüdungsanzeichen erkennt.

Ratschlag

Wer spürt, daß ein Angehöriger dabei ist, in diese Sekte geworben zu werden, sollte ihn möglichst schnell mit Informationen über die Holic-Gruppe versorgen. Entsprechende Adressen von Beratungsstellen und ein 50-seitiges Heft mit einer ausführlicheren Darstellung der Gruppe kann beim Verfasser bezogen werden.
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Kaplan Gerald Kluge ist Beauftragter für Sekten und Weltanschauungsfragen im römischkatholischen Bistum Dresden-Meißen.
Anschrift:
Wettinstr. 15, 01662 Meißen, E-Mail: gerkluge@aol.com;
Tel. und Fax: 0 35 21 - 46 96 14. Stand: 9/1998

Foto: Ute Gandow

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Kaplan Gerald Kluge