ELTERN- und BETROFFENEN-INITIATIVE GEGEN PSYCHISCHE ABHÄNGIGKEIT - FÜR GEISTIGE FREIHEIT BERLIN E.V. Postanschrift: Heimat 27 * D-14165 Berlin Fon: 030/ 818 32 11* Fax: 030/ 815 47 96 Spendenkonto: Sparkasse der Stadt Berlin BLZ 100 500 00 * Konto 0720 00 40 20 Sprechstunden: Nach Vereinbarung

PRESSEMITTEILUNG 19. Juni 1998

Stellungnahme der EBI Berlin zu Endbericht und Handlungsempfehlungen der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages zu sog. Sekten und Psychogruppen

Die Enquetekommisssion kam zustande u.a. auf Grund von Anfragen an den Petitionsausschuß und einzelnen Abgeordnete vor allem von betroffenen Familienangehörigen und den Eltern-Initiativen. =

A. Auch wenn es in manchen Punkten der Darstellung und Bewertung der Probleme Unterschiede und Differenzen geben mag und dem Bericht passagenweise das Ringen um Kompromisse in den Formulierungen anzumerken ist: Wir danken der Kommisssion für ihre Arbeit und begrüßen beson= ders die Handlungsempfehlungen der Mehrheit der Kommission. Damit sind wichtige Forderungen und Anliegen von betroffenen Angehörigen und Initiativen aufgenommen: =

1. Gesetzliche Regelung der staatlichen Förderung von Initiativen

2. Opferschutz: Veränderungen im Kindschaftsrecht, Kinderschutz vor religiösem Mißbrauch; Unterstützung eines Gesetzes zur Regelung= der gewerblichen Lebenshilfe; Einführung des. Straftatbestandes Pyramidenspiel; Einbeziehung von Strukturvertrieben in Gesetze über Finanzdienstleister; Wuchergesetzanwendung im Bereich Psychogruppen etc.

3. Betonung der staatlichen Verantwortung durch die Forderung nach weiterer Untersuchung der Scientology-Organisation durch den Verfassungsschutz, Förderung der internationalen und europäischen Zusammenarbeit in der Auseinandersetzung mit Kulten und Psychogruppen und die Forderung einer regelmäßigen Berichtspflicht der Bundesregier= ung

4. Wir begrüßen auch die Empfehlungen der Enquete-Kommission zum Okkultismus, die nicht nur Aufklärung, Spezialdezernate der Polizei und zentrale Auswertung der polizeilichen Erkenntnisse, sondern auch eine Verbesserung der allgemeinen Jugendarbeit vorsehen.

5. Wir begrüßen auch die rechtlichen Empfehlungen zur Einführung = einer strafrechtlichen Verantwortung für juristische Personen und zur Veränderung des Vereinsrechts: Auch Religionsgemeinschaften sollten, =

wie andere Vereine grundgesetzkonform sein

B. In den Medien wird ein Satz aus der Stellungnahme des Endberichts zitiert, die Gruppen seien keine Gefahr für die Gesellschaft. (S 378, 3= =2E Abs.) =

Tatsächlich heißt es dort: Zum gegenwärtigen Zeitpunkt stellen gesamtgesellschaftlich gesehen die neuen religiösen und ideologischen Gemeinschaften und Psychogruppen keine Gefahr dar für Staat und Gesellschaft oder für gesellschaftlich relevante Bereiche. Die hier zu beobachtenden Aktivitäten einiger Radikalorganisationen jedoch lassen Wachsamkeit, ggF. staatliche Gegenmaßnahmen angezeigt sein"

Die vorhergehenden Ausführungen und der Zusammenhang zeigen klar, daß das keineswegs als Entwarnung zu verstehen ist, sondern daß "Wachsamkeit" und "ggF. staatliche Gegenmaßnahmen" in Bezug auf die hochkonfliktträchtigen Organisationen angezeigt sind. (Beispiel: Auch die kürzlich geschehene, schreckliche Zugkatastrophe stellt "zum gegenwärtigen Zeitpunkt" "gesamtgesellschaftlich gesehen" "keine Gefahr dar für Staat und Gesellschaft oder für gesellschaftlich relevante Bereiche". Trotzdem Opferhilfe, Aufklärung, Wachsamkeit, Vermeidung weitere Unfälle etc.)

C.Sehr positiv ist das grundsätzliche Ja der Mehrheit der Enquete-Kommission zur künftigen staatlichen Unterstützung der freien= Initiativen und die Wertschätzung, die für die bisherige Arbeit der freien Initiativen zum Ausdruck kommt.

D. Umso bemerkenswerter ist die Einschränkung in Bezug auf die freien Initiativen in einem Sondervotum der "Grünen" zusammen mit den Sachverständigen Helsper und Eiben sowie in dem Sondervotum der Grünen überhaupt. Es muß zu denken geben, daß eine Organisation, die einmal angetreten war für Basisorganisation, Bürgerinitiativen und Selbsthilfegruppen etc. gerade in dieser Sache eine dezidierte Stellung gegen die Unterstützung von Selbsthilfegruppen nimmt, ebenso wie im Sondervotum der Grünen auch gegen das Gesetz zur Regelung der gewerblichen Lebenshilfe polemisiert wird, als gehe es nicht um Verbraucher- und Opferschutz, sondern um den Schutz obskurer kommerzieller Psycho- und "Lebenshilfeanbieter". =

E. Besonders bemerkenswert ist eine "Rolle rückwärts" der Grünen= in Bezug auf Scientology: "Die gegen die Scientology-Organisation erhobenen Vorwürfe sind so gravierend, daß sie mit allen rechtsstaatlichen Mitt= eln aufgeklärt werden müssen. ... Das rechtsstaatliche Instrumentarium hierzu ist vorhanden und es sollte auch genutzt werden." heißt es im Sondervotum der Grünen. Also endlich ein eindeutiges JA der Grünen zu= m Verfassungsschutz und seiner Tätigkeit in Bezug auf die Scientology-Organisation. Oder?

Die Elterninitiativen und Betroffenengruppen werden die Parteien und Kandidaten bei der kommenden Bundestagswahl und in den folgenden Monaten danach bewerten müssen, wie sie zu den langjährigen Forderungen der Betroffenenhilfsorganisationen und den Empfehlungen der Enquete-Kommission stehen und was sie zu ihrer Umsetzung tun.

Für den Vorstand: i.A. Th. Gandow, Vors.

Möglichkeit der Anforderung: Sollten Sie die angeführten Passagen aus dem Bericht der Enquete-Kommission nicht vorliegen haben, so können wir Ihnen diese Passagen auf Anforderung (Fax: 030-815 47 96) per Fax schicken, oder den gesamten Bericht als gezippte Word-Datei übermitteln.