[Haus über dem Keller]

Zur Geschichte des Fröbel-Museums in Bad Blankenburg

Margitta Rockstein

Der Gedanke, in (Bad) Blankenburg ein Fröbel-Museum zu errichten, reicht in das 1853 zurück. Er stammt von der Eisenacherin Eleonore Heerwart (1835 - 1911), einer herausragenden Persönlichkeit der Fröbel-Bewegung. E. Heerwart ließ sich 1853 in Keilhau von Luise Fröbel, Fröbels zweiter Frau, und Wilhelm Middendorff zur Kindergärtnerin ausbilden.

Hier beginnt sie alles, was sich auf Fröbel bezieht, zu sammeln und aufzubewahren. In den folgenden Jahren, die Heerwart in England verbringt, wo sie für die weitere Ausbreitung der Kindergartenpädagogik Fröbels wirkt, vermehrt sie ihre Sammlung durch Ankauf und Geschenke. 1862 regt sie den Zusammenschluß der Thüringer Kindergärtnerinnen an, 1882 gründet sie den "Allgemeinen Deutschen Kindergärtnerinnen-Verein", den sie bis zu ihrem Tod leitet. Als am 27. Mai 1899 die Versammlung dieses Vereins in (Bad) Blankenburg stattfindet, unter breitet Heerwart den Vorschlag, hier ein Friedrich-Fröbel-Haus zu gründen. Der Stadtrat stellt zu diesem Zweck ein Grundstück zur Verfügung mit der Auflage, innerhalb von 2 Jahren mit dem Bau zu beginnen (Grundstück Kindergarten Fröbelhaus I, Bähringstraße). Auch die Witwe Fröbels kann für diesen plan gewonnen werden und überläßt Heerwart einen Teil des handschriftlichen Nachlasses für das Blankenburger Fröbelhaus. Heerwarts Aufrufe um Spenden sind so erfolgreich, daß bereits am 28. Juni 1900 der Grundstein gelegt werden kann. Die meisten Gelder kommen von der Kindergarten-Union Nordamerikas.

Auf Wunsch des Bürgermeisters Bähring, des Pfarrers Lutze und des hiesigen Fröbel-Vereins verlegt E. Heerwart ihren Wohnsitz von Eisenach nach (Bad) Blankenburg, um vor Ort für das Bauprojekt wirken zu können. Sie mietet das "Kohlersche Haus" (heute Haus Schöneck-Wirbacher Straße) und richtet zunächst dort einen Kindergarten und ein Fröbelzimmer ein. Nach dem Tod von Luise Fröbel erhält sie als persönliches Vermächtnis Möbel, Schriften und Dokumente, die am 14. 4. 1900 mit einem "Rollfuhrwagen" in (Bad) Blankenburg eintreffen und ab 22. 4. 1900 im Fröbelzimmer zu bewundern sind. Trotz intensivster Bemühungen gelingt es Heerwart nicht, bis 1902 genügend Geld zu beschaffen, um mit dem Bau des Fröbelhauses zu beginnen. Auch die (Bad) Blankenburger Bürger ließen offensichtliche wenig finanzielle unterstützungsbereitschaft erkennen, so daß Heerwart am 18. 6. 1902 mit dem Fröbelnachlaß nach Eisenach zurückkehrt. Sie ist nun ernsthaft entschlossen, in ihrer Heimatstadt ein Fröbel-Museum zu gründen, das sie zunächst in ihrer Wohnung einrichtet.

Ihre Beziehungen zu (Bad) Blankenburg brechen nahezu ab. Erst 1905 bekundet man von dort wieder Interesse an einem Fröbelhaus und fordert dazu die von Heerwart gesammelten Gelder. Zwischen ihr und Bürgermeister Bähring kommt es 1906 zu einer Verständigung. Die Summe von 7661 Mark wird nach (Bad) Blankenburg zurückgeführt und der Bau des Fröbelhauses zügig in Angriff genommen. Am 6. August 1908 erfolgt die Einweihung des Friedrich-Fröbel-Hauses in der Bähringstraße, ein Jugenstilgebäude, das mehrere Funktionen erfüllen sollte. Im Erdgeschoß befand sich der Kindergarten, in der 1. Etage wurde 1910 das Museum eröffnet, und in der 2. Etage waren mehrer Gästezimmer für erholungsbedürftige Kindergärtnerinnen eingerichtet. Die inhaltliche Ausgestaltung des Museums wird Johannes Prüfer (1882 - 1947) übertragen. Prüfers Dissertation von 1909 "Die pädagogischen Bestrebungen Friedrich Fröbels in den Jahren 1836 - 1842" gilt als Beginn der quellenkritischen Fröbelforschung und ist zugleich bis heute eine im wesentlichen gültig gebliebene Darstellung der Blankenburger Zeit Fröbels. Seine über 40jährige Tätigkeit für das Fröbel-Museum steht im engen Zusammenhang mit einer bereits 1910 geplanten aber nie realisierten historisch-kritischen Fröbelausgabe.

Nach Heerwarts Tod werden 1911 die Eisenacher Ausstellungsstücke sowie ihr persönlicher Nachlaß, u. a. ihre zahlreichen Beiträge zur Fröbelrezeption, in das (Bad) Blankenburger Fröbel-Museum gebracht, was zu einer bedeutenden Bereicherung der Bad Blankenburger Bestände führt.

In den 20er Jahren mach sich eine weitere herausragende Vertreterin der Fröbel-Bewegung, Helene Luise Klostermann (1858 - 1935), um die Aufarbeitung des Fröbelnachlasses verdient. Als Vorsitzende des Deutschen Fröbel-Verbandes (1911 - 1923) kommt es ihr in der bildungspolitischen Umbruchsituation 1918/1919 vor allem darauf an, den familiären Aspekt der Kindergartenpädagogik Fröbels hervorzuheben. Die seit 1913 geführte Fröbel-Montessori-Diskussion läßt die Öffentlichkeit die Forderung nach einem staatlichen Kindergarten und einer Kindergartenpflicht immer deutlicher werden. Als Vorsitzende des Deutschen Fröbel-Verbandes wendet sich H. Klostermann entschieden gegen diese Bestrebungen. Daß die Reichsschulkonferenz diese Beschlüsse nicht fassen konnte, ist nicht zuletzt den vehementen Einwänden des Deutschen Fröbel-Verbandes und seiner Vorsitzenden zuzuschreiben. Als sich H. Klostermann im Frühjahr 1927 in Bad Blankenburg aufhält, ordnet sie die Bibliothek und den sich hier befindlichen handschriftlichen Nachlaß des Museums. Dazu erarbeitet sie ein Findbuch, das noch heute Verwendung findet.

Johannes Prüfer lebt seit den 30er Jahren wieder in Bad Blankenburg und kümmert sich um das Museum. Nach Ausbruch des Krieges werden die wertvollen Handschriften und Dokumente in das Ratsarchiv (Kirchturm) ausgelagert. Die Museumsräume im Fröbelhaus werden von 1942 - 1944 von der Frauenschaft als Nähstube umfunktioniert, nach Freigabe als Kinderhort benutzt und 1945 kurzfristig von russischen Offizieren als Schneiderstube belegt.

Am 1. Mai 1945 wird der Kindergarten im Fröbelhaus wiedereröffnet. Am 21. Juni des gleichen Jahres ordnet Dr. Brill, Ministerialdirektor des Thüringer Ministeriums des Innern, an, Museum und Forschungsstelle der Erziehungswissenschaftlichen Abteilung der Universität Jena anzugliedern. Der dortige Leiter, Prof. Peter Petersen, überträgt Johannes Prüfer die Arbeit in der künftigen Forschunsstelle.

Der enorme Bedarf an Kindergartenplätzen, die Nutzung der Räume von Umsiedlern in der Nachkriegszeit u. a. führten dazu, daß das Museum 1946 aus dem Fröbelhaus ausgegliedert wird. Es soll im Gebäude des Vereins "Silentarium" am Goldberg 15, dem Johannes Prüfer als langjähriger Kurator vorsteht, untergebracht werden. Prüfer entwickelt hier die Konzeption von Fröbel-Museum, Forschunsstelle und Modellkindergarten - gleichsam als lebendiges Denkmal für Fröbel. Er unternimmt enorme Anstrengungen, um in dieser schwierigen Umbruchsituation die Reorganisation des Fröbel-Museums zu erwirken.

Zu Beginn des Jahres 1947 wird vom Bildungsministerium des Landes Thüringen eine Fröbel-Forschungsstelle in Weimar errichtet. Die Leiterin, Dr. Erika Hoffmann, wird von Prüfer in ihrer Forschungstätigkeit unterstützt. Im Hinblick auf den 100. Todestag Fröbels im Juni 1952, plant man die Herausgabe des handschriftlichen Nachlasses.

Dr. J. Prüfer stirbt am 9. Juni 1947 in Bad Blankenburg. Die Stadtverwaltung Bad Blankenburg bemüht sich um die Neubildung des Vorstandes der Fröbel-Stiftung, den Prüfer bis zu seinem Tode innehatte. Die Konstituierung des neuen Vorstandes, die am 14. 10. 1949 erfolgt, wird zum Anlaß genommen, Teile des Fröbelschen Nachlasses in bescheidener Form auszustellen. Das ist der Beginn des Fröbel-Museums am Goldberg.

Die bevorstehenden Feierlichkeiten zum 100. Todestag Fröbels, die den Charakter einer gesamtdeutschen Tagung tragen sollen, lassen die Stadtväter eine inhaltliche Neugestaltung und Erweiterung des Museums ins Auge fassen. Doch zunächst fehlt das dazu nötige Geld. Dies steht nach Auflösung der Fröbel-Forschunsstelle in Weimar zur Verfügung. Im Dezember 1951 überweist die Verwaltung für Kunstangelegenheiten des Landes Thüringen 20 000 DM für die Erweiterung des Museums und die Ausgestaltung der Feierlichkeiten zu Ehren Fröbels auf das Konto der Stiftung. Die neue Ausstellung des Fröbel-Museums wird im Auftrag des Landes Thüringen durch das Goethe- und Schiller-Archiv in Weimar geschaffen und im Juni 1952 seiner Bestimmung übergeben.

Bis zum Februar 1981 wird das Museum, das 1972 in die Trägerschaft der Staatlichen Museen Heidecksburg überwechselt, im obersten Stockwerk des Kindergartens am Goldberg beherbergt.

Die komplizierten räumlichen und materiellen Bedingungen lassen eine nur unvollkommene Repräsentation der wertvollen Bestände zu. Wichtige, für die Fröbelforschung interessante Dokumente und Schriften sind nur schwer zugänglich, die Arbeit am Nachlaß ist beschwerlich. Doch zahlreiche Besucher aus dem In- und Ausland bekunden ihr wachsendes Interesse an der Pädagogik Fröbels.

Aus Anlaß des 200. Geburtstages Friedrich Fröbels entschließt sich die damalige Regierung der DDR, das "Haus über dem Keller", das Fröbel 1839 vom Stadrat Blankenburgs für seinen Kindergarten zur Verfügung gestellt bekam, zu rekonstruieren und als Museum und Forschungsstelle einzurichten. Am 22. 4. 1982 erfolgt unter Teilnahme von Erziehungswissenschaftlern aus 13 Staaten, darunter aus den USA und Japan, die Übergabe.

Das heutige Fröbel-Museum ist in vier Ausstellungsabschnitte gegliedert. Neben der biographischen Darstellung nehmen die Leistungen Fröbels als Vorschulpädagoge einen besonderen Stellenwert ein. Die in Bad Blankenburg nach seine Plänen gefertigten Spiel- und Beschäftigungsmaterialien sind in ihrer gesamten Systematik ausgestellt und begeistern durch ihre Ästhetik, Formenvielfalt und Funktionalität.

Das Kindergartenzimmer, in dem auch mit Kindern "gefröbelt" wird, spannt den Bogen zur Gegenwart. Ein Schwerpunkt der Arbeitsweise des Museums besteht darin, die Aktualität der Fröbelschen Erziehungstheorie, insbesondere seiner Spielmaterialien, für die gegenwärtige Neuorientierung der Kindergartenpädagogik zu propagieren. Eine umfangreiche pädagogische Bibliothek und der handschriftliche Fröbelnachlaß des Bad Blankenburger Museums stehen Wissenschaftlern aus dem In- und Ausland für eine quellenkritische Erforschung von Leben, Werk und Wirkungsgeschichte Friedrich Fröbels zur Verfügung.

Literaturangabe:

Heerwart, Eleonore: Fünfzig Jahre im Dienste Fröbels, 2 Bände, Eisenach, 1906
Klostermann, Helene, L.: Das Fröbelmuseum in Bad Blankeburg. In: Kindergarten 1927, S. 132 - 135
Heiland, Helmut: Erträge der Fröbelforschung, Darmstadt 1983
Unveröffentlichte Dokumente des Friedrich-Fröbel-Museums Bad Blankenburg