Rede in China

H.H. Shri Mataji Nirmala Devi

REDE BEI DER 4. WELTFRAUENKONFERENZ
13. Sept. 1995, Peking, China

Brüder und Schwestern der Welt!

Es ist eine große Ehre für mich, vor dieser Versammlung über globale Frauenprobleme zu sprechen. Zunächst möchte ich der Regierung und den Menschen unseres Gastlandes, der Volksrepublik China, meine Dankbarkeit ausdrücken. Ich hatte das Privileg, China schon zu zwei früheren Anlässen zu besuchen, und ich bin ein großer Bewunderer der Weisheit und der Kultur dieser großen Nation. Es ist jetzt die bedeutendste Zeit in der Geschichte der Menschheit, die Zeit, wo man ein starkes Bewußtsein für Frauenprobleme entwickelt hat. Die Frauen als Gruppe haben sicherlich über die Jahrhunderte viel leiden müssen, weil wir alle noch nicht realisiert hatten, worin ihre Wichtigkeit besteht und was ihre eigentliche Rolle in der menschlichen Gesellschaft ist. Die Gesellschaft, die ja von den Frauen geschaffen wurde, versucht nun, die Stellung der Frau zu kontrollieren oder herabzusetzen. Im Osten haben aufgrund des fundamentalistischen Einflusses die Frauen unter großem Druck gestanden, und ihr moralisches Handeln beruhte eher auf Angst als auf Freiheit. Im Westen haben sie für ihre Freiheit gekämpft, erreicht haben sie jedoch nur Pseudofreiheit. Im Westen haben die Frauen die Freiheit, alle sozialen und moralischen Werte aufzugeben. Im Osten sind die meisten Frauen furchtsam, unterdrückt und können sich nicht ausdrücken, während im Westen die meisten Frauen auf ein Sexsymbol reduziert sind. Sie sind gierig danach, ihren Körper zur Schau zu stellen, sie lieben es, als Photomodelle billige Popularität zu erreichen. Die meisten von ihnen akzeptieren eine solche Position, weil sie sonst in dieser chaotischen westlichen Welt nicht überleben könnten. Das, was Frauen im Osten als sehr demütigend und herabwürdigend betrachten würden, wird im Westen glorifiziert. Ich kenne beide Welten sehr genau. Wenn man nicht eine neue Kultur schafft, in der Frauen aus dem Osten sowie Frauen aus dem Westen zu der ihnen gebührenden Wertschätzung aufsteigen können, und zwar so, daß sie hohe moralische Werte für ihre Gesellschaft schaffen, dann werden weder die Frauen aus dem Westen noch die aus dem Osten sich zu ihrem vollen Status als Frau erheben können. Wenn Frauen ihrer Weiblichkeit wegen respektiert, sich ihrer Fähigkeiten bewußt und in der Lage sind, sich die erforderliche Bildung zu verschaffen, dann werden sie die Selbstsicherheit bekommen, die sie wiederum der Gesellschaft zurückgeben können.

Alle Fundamentalisten, die von Religion sprechen, erwarten von den Frauen, daß sie absolut moralisch sind, während die Männer tun können, was sie wollen. Ich glaube, daß wir die Männer mehr erziehen müssen als die Frauen.

Ich muß gestehen, daß es nicht sehr schwierig ist, Geld für die armen Frauen in den Entwicklungsländern zu sammeln, um ihnen aus ihrer Armut herauszuhelfen. Unglücklicherweise jedoch erreicht das Geld, das wir sammeln, meines Wissens nach die armen Frauen nicht, sondern verschwindet in den Taschen korrupter Minister, Bürokraten oder anderer Amtspersonen. [...]

Ich möchte keine UN-Organisation kritisieren, weil ich weiß, daß ihre Absichten sehr ehrlich sind, aber sie müssen sich dessen bewußt werden, was hinter ihrem Rücken geschieht. In Indien haben wir zwei Staaten, Uttar Pradesh und Bihar, die sowohl von UNICEF als auch von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) stark unterstützt werden. UNICEF startete ein Projekt namens ”Angan”, was soviel wie ”Schulhof” bedeutet, wo die Kinder auf ordentliche Weise aufgezogen und erzogen werden sollten. Dieses Projekt funktioniert für die Kinder überhaupt nicht, aber das ganze Geld geht in die Taschen der korrupten Menschen, die das Projekt betreuen. Die Kinder bekommen nicht einmal 2% von dem, was ihnen geschickt wird. Dasselbe geschieht mit der WHO, die Ausrüstung und Medizin nach Indien schickt. Diese Medikamente und sogar die Ausrüstung werden zu ihrem eigenen Gewinn von den Empfängern am freien Markt verkauft. So haben die Armen nie irgendeinen Nutzen und bleiben hilflos. [...] Ich würde dieses Geld der UNO geben, sodaß es für die Ausbildung von Frauen und andere Zwecke verwendet bzw. unter höchster Wachsamkeit an die Menschen verteilt werden kann. Man muß ein sehr gutes Netzwerk von Menschen haben, speziell Frauen, die ehrlich und voll Mitgefühl sind und die das Beste aus diesem Geld machen möchten, indem sie den Frauen helfen, ihre soziale Gleichstellung zu erreichen. Die Hauptaufgabe der Frauen ist es, eine gute Gesellschaft zu schaffen.

Unmoral und Korruption sind die zwei schrecklichen Ungeheuer, die unsere Gesellschaft zerfressen. Ich gebe den Müttern dieser korrupten und unmoralischen Leute die Schuld. Sie haben in ihrer Pflicht als Mütter versagt. Die Liebe der Mutter ist der erste und wirkungsvollste Einfluß auf die Kinder, um sie zu guten Bürgern zu formen. Mütter, die nie versucht haben, ihre Kinder mit großer Liebe und Sorge zu führen, oder Ehefrauen oder Töchter, die in Angst vor den Männern oder vor destruktiven Kulturen verfallen, haben ihre Pflicht als unverzichtbare Mitglieder der Familie nicht erfüllt - auch nicht die Pflicht, die moralische Seite der Männer zu stärken. Es ist auch wichtig zu sehen, wie die Kinder in den Kulturen des Westens und Ostens behandelt werden. Im Osten gehorchen die Kinder ihren Müttern, außer im Fundamentalismus. Der Fundamentalismus verbannt die Frauen nämlich auf das Niveau eines minderwertigen menschlichen Wesens, das dazu da ist, von den Männern und Kindern dominiert zu werden. Im Westen geschieht dasselbe: Kinder respektieren ihre Mütter nicht und gehorchen ihnen auch nicht. Ich glaube, der Grund dafür besteht darin, daß die westliche Frau mehr Zeit für ihre Körperpflege und ihr Aussehen aufwendet, als auf ihre Kinder aufzupassen und sie zu lieben. Die Verbindung zwischen Mutter und Kind wird schwach und zerbricht. Aus diesem Grund werden viele Kinder Straßenkinder. Glücklicherweise gibt es noch immer viele Familien im Osten und einige im Westen, die versuchen, den korrupten Tendenzen der heutigen Zeit die Stirn zu bieten und auf ihre Kinder aufzupassen und sie ordentlich zu erziehen.

Trotzdem muß ich sagen, daß die Kinder im Osten noch nicht so viel Schaden genommen haben wie die Kinder im Westen. Der Grund besteht darin, daß es im Osten viele Menschen gibt, die nicht die fundamentalistische oder westliche Kultur angenommen haben. Ihre Gesellschaft funktioniert sehr gut und bringt ausnehmend gute Kinder hervor, obwohl die Zahl insgesamt vielleicht nicht allzu groß ist. Welche Kultur auch immer sie geerbt haben, sie ist tief in ihnen verwurzelt, ein moralisches Wertesystem ist für sie das Höchste, mehr wert als Geld oder Macht.

Der Westen ist jetzt voll von Problemen. Obwohl die Leute Geld haben, haben sie keinen inneren oder äußeren Frieden.

Die Wahrheit ist, daß die Frauen die potentielle Macht jeder Zivilisation und jedes Landes sind. Es ist offensichtlich, daß die Frauen die Schöpfer und Erhalter der gesamten Menschheit sind. Das ist die Rolle, die der allmächtige Gott ihnen zugeteilt hat. Samen alleine können nichts hervorbringen. Es ist die Mutter Erde, die die Blumen, die Früchte und andere Gaben spendet. Genauso ist es die Frau, die das Kind zur Welt bringt, es ernährt und den Bürger von morgen heranzieht. Die Frauen müssen deshalb denselben Rang einnehmen wie die Mutter Erde als das Gefüge der gesamten Menschheit. Leider haben die Männer Muskelkraft dazu benützt, sich eine dominierende Stellung gegenüber Frauen zu erobern. Sie haben noch nicht erkannt, daß Frauen eine Ergänzung und ebenbürtige, aber nicht gleiche Partner im menschlichen Streben sind. Eine Gesellschaft, die diese fundamentale Wahrheit erkannt hat und den Frauen ihre rechtmäßige Rolle trotzdem nicht zuerkennt, ist nicht zivilisiert. In meinem eigenen Land gibt es einen Ausspruch in Sanskrit, der lautet: ”Yatra narya pujyante tatra ramante devata.” Das bedeutet: ”Dort, wo die Frauen respektiert werden und respektabel sind, residieren die Götter unseres Wohlergehens.”

Nun ist es an uns, den Wert dieser großen Macht zu verstehen, die unser Schöpfer uns gegeben hat. Was aber finden wir vor? Weder im Osten noch im Westen sind die Frauen fähig gewesen, ihre Größe voll zu manifestieren. Damit will ich aber nicht andeuten, daß die einzige Rolle der Frau in der menschlichen Gesellschaft die der Mutter, der Erzieherin, der Ehefrau oder Schwester ist. Frauen haben das volle Recht, als gleichberechtigte Partner an allen Aspekten des Lebens teilzuhaben: an den sozialen, kulturellen, erzieherischen, politischen, ökonomischen, verwaltungstechnischen und allen übrigen Aspekten. Um sich auf diese allumfassende Rolle vorzubereiten, müssen sie die richtige Ausbildung in allen Wissensgebieten bekommen. Wenn sie aber Mütter sind, haben sie eine große Verantwortung gegenüber ihren Kindern und gegenüber der Gesellschaft. Die Männer sind für die Politik und die Wirtschaft eines Landes verantwortlich, die Frauen für die Gesellschaft. Die Frauen können die Männer unterstützen, aber natürlich können sie auch in jeder Position die Führung übernehmen. Sie sollten jedoch nie vergessen, daß sie Frauen sind, die tiefe mütterliche Fürsorge und Liebe manifestieren müssen. Wenn sie männlich und aggressiv werden, kann das Gleichgewicht der Gesellschaft nicht aufrechterhalten werden.

Gleichzeitig gebe ich aber zu bedenken, daß wir nicht immer nur die Rechte der Frauen fordern, sondern auch einmal die fundamentalen Pflichten der Frauen gegenüber der menschlichen Gesellschaft herausstreichen müssen. Die westlichen Frauen oder jene, die im Westen erzogen wurden, gehen ins Extrem, wenn sie eine politische, wirtschaftliche oder administrative Rolle einnehmen. Um mit den Männern konkurrieren zu können, werden sie eigenwillig, egoistisch und ehrgeizig. Sie haben nicht mehr die ihnen eigenen sanften und angenehmen Qualitäten, die dazu da sind, die Balance zu halten. Im Gegenteil, sie werden dominierende, vergnügungssüchtige Individuen. Sie sorgen sich weit mehr um ihre physische Attraktivität als darum, eine angenehme, freundliche und würdige Persönlichkeit zu sein. Sie geben dem niederen Teil des Selbst viel schneller nach als Männer, wissentlich oder unwissentlich. Dies alles führt zu chaotischen Gesellschaftsstrukturen, und die Kinder werden zu Straßenkindern, Dieben und sogar Mördern, wie wir es jeden Tag in den Zeitungen lesen können. Wir brauchen eine Balance zwischen den beiden Extremen. Wir brauchen Frauen als gleichberechtigte, aber nicht gleichartige Partner der Männer, die ein feines Verständnis für die Natur der Männer haben und für die Art, wie man sie mit innerer Ausgeglichenheit ins Zentrum bringen kann. Wir brauchen ausgeglichene Frauen für eine ausgeglichene menschliche Rasse mit innerem Frieden.

Man kann sagen: 'Das ist ja alles gut und schön in der Theorie, aber wie können wir diesen Zustand der inneren Ausgeglichenheit erreichen? Wie können wir gegen diese Woge von Krankheiten, Korruption, Unmoral und Unreife ankämpfen? Wie können wir den derzeitigen Zustand von Konflikt und Verwirrung beenden? Wie bringen wir Frieden in jedes Bewußtsein und jedes Herz?'

Ich behaupte ganz bescheiden, daß es eine Antwort auf diese Fragen gibt. Es gibt einen neuen Weg.

Was immer ich Ihnen jetzt erzählen werde, sollten Sie nicht als gegeben hinnehmen. Sie sollten so offen sein wie ein Wissenschaftler und alles, was ich sage, als Hypothese behandeln. Wenn man diese Hypothese beweisen kann, dann müssen Sie sie als aufrichtige Menschen als Wahrheit akzeptieren. Es ist für Ihr Wohl und für das Wohl Ihrer Familie, zum Wohl Ihres Landes und zum Wohle der ganzen Welt.

Ich bin hier, um Ihnen über den letzten Durchbruch in unserer Evolution zu erzählen. Dieser Durchbruch in unserem Bewußtsein muß jetzt, in diesen modernen Zeiten stattfinden. Es gibt darüber auch Aufzeichnungen in den Schriften vieler Propheten. Diese Zeiten wurden ”dekadente Zeiten” genannt, zuletzt von dem großen Heiligen Vyasa, der die Gita geschrieben hat. Und diese Dekadenz der Menschheit sehen wir rundherum in allen möglichen Variationen.

Nun möchte ich Ihnen das ge Wissen von unserem inneren Selbst sagen, das in Indien schon seit Tausenden von Jahren bekannt ist. Zum Zwecke unserer Evolution und unseres spirituellen Aufstiegs gibt es eine in uns ruhende Kraft, die im dreieckigen Knochen am Beginn unserer Wirbelsäule ruht. Diese Kraft ist als Kundalini bekannt. Obwohl das Wissen über diese Kraft schon seit Tausenden von Jahren in Indien vorhanden ist, wurde die Erweckung der Kundalini üblicherweise nur individuell durchgeführt. Ein Lehrer gab die Erweckung an einen Schüler. Als Resultat dieser Erweckung erhält man seine Selbstverwirklichung, sein Selbst. Außerdem steigt diese Kraft nach ihrer Erweckung auf, durchdringt die sechs feinstofflichen Energiezentren in unserem Körper und ernährt und integriert sie. Schlußendlich dringt diese Kraft durch den Bereich der Fontanelle - genannt ”Talu” oder ”Brahmarandra” - und verbindet das Individuum mit der allesdurchdringenden Kraft der göttlichen Liebe, die in der Bibel als ”Kühle Brise des Heiligen Geistes”, im Koran als ”Ruah” und in den indischen Schriften als ”Paramchaitanya” beschrieben wird. Wie immer auch ihr Name ist, diese Kraft ist allesdurchdringend und vollbringt all die subtile Arbeit des lebendigen Prozesses der Evolution. Die Existenz dieser allesdurchdringenden Energie wird vor der Realisation nicht wahrgenommen, nach der Selbstverwirklichung jedoch kann man diese Energie auf seinen Fingerspitzen, auf den Handinnenflächen oder über dem Scheitel spüren.

Außerdem ist dieser Vorgang spontan, ”Sahaja”. ”Saha” bedeutet ”mit” und ”ja” heißt ”geboren”. Gemeint ist, daß das Recht jedes einzelnen menschlichen Wesens auf die Verbindung mit der allesdurchdringenden Kraft der göttlichen Liebe ein Geburtsrecht ist. Unsere mentalen Energien sind beschränkt. Unsere beschränkte mentale Energie ist eine lineare Bewegung und hat keine Basis in der Realität - sie erreicht einen bestimmten Punkt und hört dann auf. Von dort wird die Energie immer wieder zurückgeworfen - und diese ganze lineare mentale Bewegung fällt, manchmal als Strafe, wieder auf uns zurück. Wir brauchen daher mehr Energie, höhere Energie, tiefere Energie, und aus diesem Grund muß dieses Ereignis stattfinden.

Ich habe im Westen viele Menschen getroffen, die wahre Sucher sind und von der Künstlichkeit des westlichen Lebens die Nase voll haben. Allerdings wußten sie manchmal nicht, wonach sie suchen sollten und machten viele Fehler. Sie gingen zu falschen Gurus, die ihnen viel Geld abnahmen. Sie wurden bankrott oder trugen geistigen und körperlichen Schaden davon.

Eines muß man wissen: Die Erweckung der Kundalini und die damit verbundene Selbstverwirklichung ist ein lebendiger Prozeß der Evolution, für den wir nicht zahlen können. Es ist so, als ob wir einen Samen in die Mutter Erde geben würden. Der Same wächst, weil Mutter Erde die Kraft hat, ihn wachsen zu lassen, und weil der Same die eingebaute Qualität in sich trägt, zu sprießen. Genauso haben wir diese Keim-Kraft in unserem Dreiecksknochen, den die Griechen/Römer ”Sakrum” nannten. Es ist eine in dreieinhalb Windungen aufgerollte Energie. Der Name Sakrum zeigt, daß die Griechen/Römer wußten, daß dieser Knochen heilig ist. Tatsächlich kann man bei manchen Menschen diesen Dreiecksknochen pulsieren und die Kundalini sehr langsam aufsteigen sehen. Bei einem balancierten Menschen ohne nennenswerte Blockaden steigt die Kundalini vom Sakrum aus wie ein Jet auf und durchdringt die Fontanelle, um sich mit der allesdurchdringenden Kraft zu vereinigen. Diese Kundalini ist die spirituelle Mutter aller Individuen. Sie weiß alles über ihre Kinder und hat deren ganze Vergangenheit in sich gespeichert. Sie ist sehr darauf bedacht, ihrem Kind die zweite Geburt zu geben, und in ihrem Aufstieg nährt sie die sechs Energiezentren.

Wenn ein Mensch nicht mit der allesdurchdringenden Kraft verbunden ist, ist er wie ein Instrument, das nicht an den Strom angeschlossen ist, und hat keine Identität, keine Bedeutung und kein Ziel. Sobald dieses Instrument angeschlossen ist, beginnt es zu arbeiten und sich zu manifestieren.

Wenn die Kundalini aufsteigt, verbindet sie einen mit dieser allesdurchdringenden Kraft, die sowohl Lebenskraft als auch gleichzeitig ein Ozean des Wissens und der Seligkeit ist. Nach der Erweckung der Kundalini passieren euch viele Zufälle, die wie Wunder und sehr schön sind. Vor allem aber ist die Kundalini der Ozean der Vergebung. Welche Fehler ihr auch immer in eurer Vergangenheit gemacht habt, sie sind vergeben, und ihr bekommt die Gnade der Selbstverwirklichung.

Die Konsequenzen der Kundalini-Erweckung und der damit verbundenen Selbstverwirklichung sind mannigfach. Zunächst einmal ist dieser Mensch in ständigem Kontakt mit bzw. eigentlich ein Teil der allesdurchdringenden göttlichen Kraft. Unter Verwendung dieses neuen Bewußtseins sucht er die Wahrheit. Und weil es nur eine Wahrheit gibt, sehen alle selbstverwirklichten Menschen die gleiche Wahrheit, wodurch es zu keinen Konflikten mehr kommt. Reine mentale Aktivität ohne Selbstverwirklichung führt zu einander widersprechenden Ideen und sogar zu Kriegen. All das gibt es nach der Selbstverwirklichung nicht mehr.

Laßt uns sehen, wieviele Dinge in einem Menschen, der die Realisation bekommt, noch geschehen. Zunächst beginnt ihr, die kühle Brise des Heiligen Geistes auf euren Fingerspitzen zu spüren, die die subtilen Energiezentren repräsentieren. Ihr überschreitet alle Grenzen von Rasse, Religion und anderen Ideen, und ihr geht jenseits eures Verstandes, um die Realität zu sehen, zu fühlen und zu verstehen. Als nächstes erlangt ihr das gedankenfreie Bewußtsein. Durch unsere Gedanken leben wir in der Zukunft und in der Vergangenheit. Sie kommen aus diesen beiden Bereichen der Zeit zu uns und erlauben uns nicht, in der Gegenwart zu sein. Diese Gedanken steigen auf und verschwinden, und wir springen auf den Schaumkronen ihrer Wellen umher. Wenn die Kundalini jedoch aufsteigt, glättet sie diese Gedanken und schafft dadurch etwas Raum dazwischen, der die Gegenwart repräsentiert, die Realität. Die Vergangenheit ist vorbei, und die Zukunft existiert noch nicht. Dort habt ihr keine Gedanken. Wenn ihr gedankenfrei werdet, erreicht ihr einen neuen Zustand, über den C.G.Jung geschrieben hat. Was immer auch passiert in diesem Moment, wird in eurer Erinnerung gespeichert, und ihr genießt jeden Moment dieser Realität. Wenn ihr gedankenfrei bewußt werdet, dann werdet ihr innerlich voll von Frieden. Ein Mensch, der diesen Punkt erreicht hat, strahlt auch Frieden aus und schafft eine friedvolle Atmosphäre um sich. Dieser Friede ist sehr wichtig. Bevor wir diesen Frieden nicht in uns spüren, werden wir die wahre Natur unserer Vorstellungen nicht wirklich verstehen. Ihr könnt eure eigenen sieben Energiezentren auf euren Fingerspitzen fühlen. Auch die Zentren anderer könnt ihr spüren, denn ihr entwickelt eine neue Dimension von Bewußtsein, das kollektives Bewußtsein genannt wird. Wenn dieses neue Bewußtsein sich in euch etabliert, beginnt ihr auch die Energiezentren anderer zu spüren. Diese Zentren sind für euer physisches, geistiges, emotionales und spirituelles Wohlergehen verantwortlich. Wenn sie angegriffen oder in Gefahr sind, leidet der betreffende Mensch an der einen oder anderen Krankheit.

Ein Resultat der Erweckung der Kundalini und der Nährung dieser Energiezentren wäre, daß Ihr ein inneres Gleichgewicht spüren und euch guter Gesundheit erfreuen würdet. Viele Krankheiten, sogar einige unheilbare, wurden durch das Erwecken der Kundalini geheilt. Sogar die Erbanlagen können nach der Selbstverwirklichung durch die Erweckung der Kundalini restrukturiert werden. In der Folge könnte eine Person, die möglicherweise kriminelle Anlagen geerbt hat, ein guter Mensch werden.

Auch unsere Aufmerksamkeit wird sehr rein. Im Lichte des Geistes können wir die Dinge viel klarer sehen, so, als ob wir vorher blind gewesen wären. Wenn zum Beispiel drei blinde Menschen einen Elefanten angreifen, dann werden alle drei verschiedene Vorstellungen von einem Elefanten haben, je nachdem, welchen Teil des Tieres sie berührt haben. Wenn sie aber ihre Augen öffnen, dann können sie alle dasselbe sehen, nämlich die Realität, und dann gibt es keine Mißverständnisse, Streitigkeiten oder Kämpfe.

Ein selbstverwirklichter Mensch kann das absolute Wissen auf seinen Fingerspitzen fühlen. Angenommen, jemand glaubt nicht an Gott. Eine selbstverwirklichte Person kann diesem Menschen vorschlagen, daß er sich selbst die Frage stellen soll: ”Gibt es Gott?”. Der Fragende wird, das werdet ihr feststellen, eine angenehme kühle Brise in sich fühlen. Mag sein, daß er nicht an Gott glaubt, aber Gott ist da. Unglücklicherweise sind so viele Menschen, die an Gott glauben, trotzdem widersinnig, scheinheilig, heuchlerisch, grausam, böse und so unmoralisch, daß die Menschen den Glauben an Gott schließlich verloren haben. Aber auch wenn die, die Gott darstellen, vielleicht im Irrtum sind, existiert Gott trotzdem. Ebenso existiert seine Kraft, die wir die allesdurchdringende Kraft der göttlichen Liebe nennen. Das ist die Kraft der Liebe und Barmherzigkeit und nicht der Aggression und Zerstörung. Wenn ein Yogi oder ein selbstverwirklichter Mensch von dieser Kraft der Liebe und Barmherzigkeit durchdrungen ist, arbeitet sie wie ein Engel. Solche Menschen können andere und sich selbst heilen. Sogar Geisteskrankheiten wurden geheilt. Und nicht nur das. Sogar jene, die in ihrer Suche nach Wahrheit bei falschen Gurus waren, haben spirituelle Stabilität erreicht, nachdem sie diese Gurus verlassen und den Pfad der Selbstverwirklichung betreten haben.

Auf der nächsten Entwicklungsstufe, wenn eure Kundalini stabilisiert ist, erreicht ihr das gedankenfreie Bewußtsein und habt keinen Zweifel, daß ihr eure Selbstverwirklichung bekommen und jetzt alle erreichbaren Kräfte zu eurer Verfügung habt. Ihr werdet sehr mächtig, denn ihr könnt die Kundalini anderer Menschen heben. Ihr werdet sehr aktiv und fühlt euch nicht so leicht müde. Ich bin zum Beispiel dreiundsiebzig Jahre alt, ich reise durchschnittlich jeden dritten Tag und fühle mich dabei sehr wohl. Diese Energie fließt durch euch und erfüllt euch mit Vitalität. Ihr werdet extrem dynamisch und zur gleichen Zeit extrem mitleidsvoll, freundlich und liebenswert. Ihr fühlt, daß ihr beschützt seid, und folglich seid ihr zuversichtlich, aber nicht egoistisch. Eure gesamte Persönlichkeit ändert sich. Das ist die weltweite Transformation, die in einer solchen Geschwindigkeit abläuft, daß ich selber über dieses Tempo überrascht bin.

Tatsächlich hat dieses Wissen schon vor langer Zeit existiert, aber mein Beitrag -, wenn es einen solchen gibt - ist, daß wir nun die Selbstverwirklichung en-masse erhalten können. Tausende können gleichzeitig die Realisation bekommen. Es ist ein Geschenk dieser Zeit, von der vorausgesagt wurde, daß in ihr eine solche weltweite Transformation stattfinden wird. In 65 Ländern haben Tausende von Menschen ihre Selbstverwirklichung durch Sahaja Yoga erhalten.

Die Kraft der Kundalini ist der reine Wunsch, die Selbstverwirklichung zu erhalten. Wenn jemand sie nicht haben will, könnt ihr ihn nicht dazu zwingen, weil das Göttliche die Freiheit dieses Menschen respektiert. Wenn er in den Himmel will, kann er dorthin gehen, wenn er aber in die Hölle will, kann er in die Hölle gehen. Die Selbstverwirklichung kann leicht erreicht werden, wenn der Betreffende den aufrichtigen und reinen Wunsch danach verspürt. Wenn er aber an einigen seiner fixen Vorstellungen festhält, wird die Kundalini nicht aufsteigen. Sie kann auch nicht für geistesschwache und unreife Menschen arbeiten. Sie arbeitet für Menschen, die weise und im wesentlichen im Zentrum sind, und sie arbeitet sehr schnell. Ich war erstaunt zu sehen, daß es sogar bei Drogensüchtigen, Alkoholikern und sehr unmoralischen Menschen funktionierte. Sie alle hatten den intensiven und reinen Wunsch, ihre Vervollkommnung, ihre Selbstverwirklichung zu erhalten. Deshalb erreichten auch viele von diesen Leuten dieses Ziel. Über Nacht gaben sie ihre Drogen und ihren Alkoholismus auf. So werdet ihr sehr mächtig, und gleichzeitig versteht ihr, daß ihr nun etwas Wunderbares seid. Ihr beginnt, euch sehr vernünftig und würdevoll zu benehmen. So wird eine neue Kultur geboren, und diese neue Kultur führt euch zu einem neuen Lebensstil, in dem ihr von innen heraus rechtschaffen werdet. Keiner muß euch sagen: ”Tu dies nicht” und ”Tu jenes nicht”. Ihr erreicht alles durch eure erleuchtete Aufmerksamkeit. Diese erleuchtete Aufmerksamkeit ist auch voller Kraft. Worauf immer ihr sie auch legt, dort arbeitet sie, schafft Frieden, Harmonie und eine neue Dimension von kollektivem Bewußtsein.

Es geht also nicht mehr, daß ihr eure Erbanlagen für eure Fehler verantwortlich macht. Diese Gene können nämlich verändert werden und auf das Niveau einer rechtschaffenen, engelhaften Persönlichkeit gehoben werden. Das Ego und die Konditionierungen werden durch den Aufstieg der Kundalini aufgelöst, und man wird frei wie ein Vogel. Absolute Freiheit wird tatsächlich erlangt, und das Verhalten ändert sich auf unglaubliche Weise. Man wird ein Zeuge des gesamten Lebensdramas. Wenn ihr im Wasser seid, habt ihr Angst, zu ertrinken, aber wenn ihr in einem Boot sitzt, könnt ihr dasselbe Gewässer mit Genuß betrachten. Lernt ihr dann allerdings, in dieses Wasser zu springen und andere zu retten, dann ist euer Status noch höher, und ihr habt das zweifelsfreie Bewußtsein erreicht.

Doch vor allem landen wir im Ozean der Freude. Freude ist absolut. Zu ihr gibt es keinen Gegensatz, keine Dualität. Es ist nicht wie Glück und Unglück. Freude ist einzig, und wenn ihr einmal in den Ozean der Freude springt, dann lernt ihr ganz einfach, wie man alles genießen und sich an allem erfreuen kann, egal, ob es schön oder lächerlich ist. In dem einen Fall seht ihr die Schönheit, im anderen, wenn Leute lächerlich sind, den Humor. Bemerkenswert ist auch, daß Sahaja Yogis große Musiker, große Schriftsteller, große Redner und große Verwaltungsbeamte wurden. Sie haben sich in jeder Hinsicht sehr hoch entwickelt, besonders in ihrer Haltung anderen gegenüber. Sie respektieren ihre Mitmenschen, und sie wissen, wo diese Probleme haben, wodurch sie ihnen über einen vorsichtigen und sanften Zugang in ihrer Weiterentwicklung in Richtung Selbstverwirklichung helfen können. Es ist wie eine brennende Kerze, die eine andere entzündet. Diese Arbeit vollzieht sich auf der ganzen Welt, und es gibt große Hoffnung, daß sie auch in China beginnen wird können. Früher konnte ich mit meiner Arbeit hier nicht beginnen, aber die göttliche Fügung gab mir die Chance, über diese Konferenz zu Chinesen zu sprechen. Ich habe festgestellt, daß sie sehr weise und vernünftige Menschen sind und ein gutes Gefühl für den großen Schatz der Spiritualität haben. Das ist kein Zufall. Es mußte so kommen und wurde durch diese allesdurchdringende Kraft herbeigeführt. Auch ihr werdet in eurem Leben viele Zufälle erleben, sie aber nicht mit dem Göttlichen in Verbindung bringen, solange ihr nicht selbst mit der göttlichen Kraft verbunden seid.

Konfuzius hat die Menschheit gelehrt, wie wir unsere Beziehungen zu anderen Menschen verbessern können. Lao Tse in China hat so wundervoll das Tao beschrieben, das die Kundalini ist. Ich habe eine Reise über den Yangtse Fluß gemacht, wo Lao Tse sehr oft war. Ich weiß, daß er versucht hat zu zeigen, daß dieser Fluß, der die Kundalini repräsentiert, zum Meer fließt und daß man sich nicht durch die Landschaft an den Ufern des Flusses verleiten lassen soll stehenzubleiben. Die Natur um diesen Fluß ist sehr, sehr schön, ohne Zweifel, aber man muß im Fluß bleiben. Es gibt auch viele Strömungen, die ziemlich gefährlich sein können, und man braucht eine guten Steuermann, der das Schiff dorthin steuert, wo es dem Meer näher ist. Dort wird der Fluß dann sehr still und sehr einfach in seinem Fließen.

Dieses Land wurde mit großen Philosophen gesegnet, und ich würde sagen, daß der größte von ihnen Lao Tse war, denn der Humanismus bereitete die Menschen auf ihre Höherentwicklung vor, über die er gesprochen hatte. Wegen der Subtilität der Angelegenheit hat er es jedoch nicht so deutlich ausgesprochen wie ich jetzt.

Es ist mir eine so große Freude, bei diesem Augusttreffen hier zu euch zu sprechen. Nachdem ich schon die ganze Welt bereist habe, stelle ich fest, daß China eines der entwickeltsten Länder ist, was die Spiritualität betrifft.