Die Kaizen Academy

Autor: RELIGIO
Stand: Oktober 2001
Im Endbericht der Enquete-Kommission "Sogenannte Sekten und Psychogruppen" wird Kaizen wie folgt dargestellt:

B. Kaizen Academy

Als Ergebnis der Berichte in den Medien, der Analyse vorliegender Unterlagen und der Auswertung der Anhörung von einer Betroffenen ist diese Gruppe als eine Mischform von Strukturvertrieb (in Form des Schneeballsystems), zu lernenden Psychotechniken und ideologischem Hintergrund zu bezeichnen.

Kaizen oder die LEADERSHIP Academy AG gehört in ihren Werbemethoden zu den Vertriebssystemen, die dem Anzuwerbenden für die zu zahlenden Gelder keine Produkte anbietet. Im Vergleich zu Direktvertriebssystemen, die ihren Kunden und späteren Vertreibern zumindest eine Produktpalette verkaufen, die dann von Einzelnen vertrieben werden sollen, wird bei diesem Firmengeflecht von den Mitgliedern eine bestimmte Geldsumme erwartet für das alleinige Versprechen, diese würde sich später so vermehren, daß jeder Einzahler im großen Maße davon partizipieren könne.

Mit dem Erwerb eines Partizipationsscheines ist in der Regel verbunden, daß die Geworbenen Seminarleistungen der Gruppe in Anspruch nehmen. Seminare wie z.B. Success-Training, Delphin-Strategie-Seminar oder Feuerlauf-Seminar sind die zu absolvierenden Angebote, die laut interner Werbung zum Gesamtsystem gehören. In einem Schreiben an die Mitglieder/Mitarbeiter von 1996 heißt es:

"Der ganze Firmenaufbau ist insbesondere auf die aktive Schulung vieler Geschäftspartner in den umfangreichen Seminaren zurückzuführen. Der regelmäßige Besuch des vielfältigen und hochwertigen Trainingsangebotes hat viel zur Persönlichkeitsentwicklung und zum Teamgeist beigetragen."

Im Gegensatz zu auch bereits die Strafrechtssprechung beschäftigenden Strukturvertriebsarten im Sinne eines Schneeballsystems, wie es auch bei Kaizen praktiziert wird (möglicher Verstoß gegen § 6c UWG), verbinden sich hier weitere Elemente, die den Schluß zulassen, daß Kaizen ein in sich geschlossenes System ist, das viele methodische Ansätze, die von anderen Psychogruppen bekannt sind, beinhaltet:

So werden die Angeworbenen bei Kaizen einer Schulung zugeführt, die auch in anderen Bereichen zur Persönlichkeitsentwicklung angewendet werden. Als Methode wird dabei auf das Neurolinguistische Programmieren (NLP) zurückgegriffen. Die Werbematerialien des NLP-Trainers für die Kaizen-Mitglieder/Mitarbeiter beinhalten u.a. dann auch die NLP-Rhetorik-Kurse sowie das mentale Training auf NLP-Art.

Hinsichtlich des ideologischen Hintergrunds berichteten ehemalige Kaizen-Anhänger, daß ihnen insbesondere das Buch "Geschichte der Geheimgesellschaften" von Jan van Helsing als wichtige Lektüre empfohlen worden sei. Die genannte Veröffentlichung Jan van Helsings hat antisemitische Inhalte und ist derzeit in der Bundesrepublik Deutschland wegen rechtlicher Auseinandersetzungen nicht erhältlich.

Wie auch in anderen Psychogruppen wird bei Kaizen auf totale Expansion der eigenen Gruppe gesetzt. So werden an die Mitglieder/Mitarbeiter "Motivationsschreiben" mit unrealistischen Hinweisen auf einen zu erreichenden Umsatz bei der Seminarvermittlung und Vermittlung von Devisenvolumen sowie eine vermeintlich erreichbare materielle Unabhängigkeit verschickt. Dem Einzelnen wird durch die Gesamtkonstellation bei Kaizen vermittelt, er partizipiere persönlich auch am Gewinn des Gesamtunternehmens.

In der Vergangenheit gerieten bereits Vereinigungen, die im Schneeballsystem Finanzanlagen betrieben, ins Visier der Öffentlichkeit, aber auch der Strafverfolgungsbehörden. Berücksichtigt man zudem das umgesetzte Finanzvolumen, muß festgehalten werden, daß es sich bei Kaizen um eine auf Expansion ausgerichtete problematische Gruppe handelt, die durch ihr Gebaren individuellen sowie gesamtwirtschaftlichen Schaden anrichtet. Das System Kaizen und die dort angewandten Praktiken müssen daher, aber auch wegen der feststellbaren Abhängigkeiten der Mitglieder/Mitarbeiter von dem System, weiter kritisch betrachtet werden. (Endbericht a.a.O. S. 100f.)

In der Literatur und der Presse wird immer wieder ein Dr. Thomas Gretz genannt. Aus diesem Grunde ist unserer Meinung nach nicht abzustreiten, dass Dr. Gretz sich im Zusammenhang mit der Kaizen-Academy exponiert hatte. Diese Exponierung stellt sich nach Analyse des Pressespiegels, der Aussage von Aussteigern und des Literaturbefundes so dar, dass er zumindest für eine gewisse Zeit eine solche Bedeutung hatte, dass sie von Betroffenen als Führungsposition verstanden wurde. Dr. Gretz hatte sich in einem Schreiben an RELIGIO dagegen gewandt, dass er in einem Artikel in Zusammenhang mit Kaizen gebracht worden sei. Weiterhin hatte er verlangt, dass RELIGIO seine Stellungnahme zu Kaizen in ungekürzter Form so einlinkt, dass der Leser diese in jedem Fall findet, wenn er den Artikel über Kaizen aufruft. Nun hat er seine Meinung wieder geändert und von RELIGIO verlangt, daß sein Artikel nun doch nicht mehr veröffentlicht werden soll. Dem trägt RELIGIO natürlich Rechnung. Ein Artikel, in dem falsche Behauptungen über Dr. Gretz veröffentlicht sind, existiert nicht in RELIGIO.