Kirchen als Körperschaften des öffentlichen Rechts

  1. Welche Bedingungen müssen Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften erfüllen, um den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zu erhalten?

    Hedwig Deipenwisch, SMK Dresden, März 1995
    Gemäß Art. 140 Grundgesetz i. V. mit Art. 137 Abs. 5 Weimarer Reichsverfassung (WRV) bleiben Religionsgemeinschaften Körperschaften des öffentlichen Rechts (KdöR), soweit sie solche bisher waren. Das 11. Gesetz zur Regelung des Kirchensteuerwesens im Einigungsvertrag/Anl. II Kap. IV Abschn 1 § 2. Abs. 1-3 bestimmt, daß die evangelischen und katholischen Jurisdiktionsbezirke sowie jeweils auch deren Kirchengemeinden und Kirchengemeindeverbände und die jüdischen Kultusgemeinden KdöR sind, die die gleichen Rechte haben. In diesen Fällen hat die Landesregierung auf Antrag zu prüfen, ob ein solcher Status auf altrechtlicher Grundlage vorliegt, und hat diesen der Religionsgemeinschaft zu bestätigen.

    Anderen Religionsgesellschaften sind gemäß Art. 140 GG i. V. mit Art. 137 Abs. 5 WRV auf ihren Antrag die gleichen Rechte zu gewähren, wenn sie "durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr auf Dauer bieten":

    Gegenstand der rechtlichen Prüfung ist nicht nur das Organisationsstatut des Antragstellers, sondern der qualitative Gesamtzustand, d. h. die Summe der Lebensbedingungen, denen die Gemeinschaft unterworfen ist, wozu z. B. auch das Vorliegen einer gewissen Bedeutung im öffentlichen Leben und einer ausreichenden finanziellen Ausstattung gehören.

    Im Hinblick auf die Gewähr der Dauer ist die Zahl der Mitglieder von zenraler Bedeutung und wurde in den "Empfehlungen der Kultusministerkonferenz über die Verleihung der öffentlichen Körperschaftsrechte an Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen" vom 12.03.1954 auf den Richtwert von einem Tausendstel der Bevölkerung des verleihenden Landes der Bundesrepublik festgelegt. Als Mitglieder gelten nur Vollmitglieder, nicht aber Sympathisanten oder ein Freundeskreis oder Förderverein der Religionsgemeisnchaften. Hinsichtlich der Bestandsdauer wurde in den Ländern der Status einer KdöR bislang dann verliehen, wenn die Religionsgemeinschaft seit einer Generation (ca. 30 Jahre) bestand.

    Von weiteren als den in Art. 140 GG i. V. mit Art. 137 Abs. 5 WRV aufgezählten Voraussetzungen darf die Verleihung der Körperschaftsrechte nicht abhängig gemacht werden. Insbesondere dürfen nicht Glaubensinhalte Gegensand der rechtlichen Prüfung sein. Den Religionsgesellschaften werden die Vereinigungen gleichgestellt, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Weltanschauung zur Aufgabe machen (Art. 140 GG i. V. mit Art. 137 Abs. 7 WRV).