Erfolgreiche Proteste gegen Scientologen

Transparente bereiten wirtschaftliche Schwierigkeiten / Per Gerichtsbeschluß soll der Protest deshalb weg von der Fassade

TAZ, 3.7.1995

von Uwe Rada

Copyright: contrapress media GmbH
"Geht mit Gott, aber geht! Scientology-Sekte raus aus diesem Haus" - Das Protesttransparent gegen die Umwandler scientologynaher Firmen wird offenbar auch von den potentiellen Käufern der Eigentumswohnungen verstanden. Für die Firma TransWert, die Eigentümerin der Sanderstraße 4 in Neukölln ist, sind die Transparente an der Fassade des Altbaus geschäftsschädigend. Es stehe zu befürchten, so die TransWert, daß durch die "widerrechtliche Nutzung der Außenfassade schwere, nicht wiedergutzumachende wirtschaftliche Schäden entstehen". Die Geschäftsführer der TransWert wissen auch warum: "Potentielle Käufer der angebotenen Eigentumswohnungen zeigen keine oder nur sehr wenig Bereitschaft zum Erwerb einer einzigen Wohnung, sobald sie das Haus sehen."

An insgesamt vier Häusern hängen mittlerweile die Transparente gegen die scientologynahen Umwandler. In der Sanderstraße 4 sollen sie nun weg. Am morgigen Dienstag will die TransWert vom Amtsgericht Neukölln geklärt wissen, ob es die Mieter grundsätzlich zu unterlassen haben, wörtlich oder sinngemäß zu behaupten, das Haus Sanderstraße 4 stehe im Eigentum der Scientology-Kirche. Einen Antrag auf einstweilige Verfügung ohne mündliche Verhandlung hatte das Gericht vor zwei Wochen abgelehnt. In dem Antrag war außerdem die Befürchtung geäußert worden, daß es im Zusammenhang mit der Demo der "Mieter gegen Scientology" zu "Straftaten gegen dieses Haus" kommen könnte.

Abgesehen davon, daß schon der Wortlaut der Klage nicht der geltenden Rechtssprechung entspricht - es ist gerichtsbekannt, daß es sich bei Scientology nicht um eine Kirche, sondern um ein Wirtschaftsunternehmen handelt - will die TransWert eigenen Angaben zufolge nichts mit Scientology zu tun haben. "Die widerrechtlich angebrachten Plakate", heißt es in der Begründung der Klage, "prangern die Antragstellerin auf das gröbste und völlig haltlos an." Zur "Glaubhaftmachung" präsentieren die TransWert-Geschäftsführer eine "eidestattliche Versicherung des Zeugen Weissberg". Weissberg allerdings hatte sich bereits zuvor der Scientology-Gegnerin und Mieterberaterin Ursula Dyckhoff gegenüber als Scientologe geoutet. Dyckhoff hat deshalb ihrerseits eine eidestattliche Versicherung abgegeben.

Daß die TransWert keine Beziehungen zu Scientologen unterhält, wird sie kaum glaubhaft machen können. Als Bevollmächtigter der TransWert tritt unter anderen Farhad Rashidi auf, ein ausgewiesener Scientologe, der in der Ausgabe 33 des Magazins impact aus dem Jahre 1990 den Titel "patron" führt. Er hat demnach 40.000 Dollar in die Kriegskasse des Sektenkonzern gespendet. Rashidi ist außerdem im Adressenverzeichnis des Scientology-Wirtschaftsunternehmens "Wise" der Jahre 1991 und 1992 aufgeführt.

Nach Angaben des Bündnisses "Mieter gegen Scientology", das die Öffentlichkeit zum morgigen Prozeß einlädt, sind sowohl Rashidi als auch Weissberg außerdem Bevollmächtigte der Firma TCG. Deren Geschäftsführer Leif Böttcher ist ebenfalls bekennender Scientologe.

Uwe Rada

Der Prozeß findet am Dienstag um 12 Uhr im Raum E/16a des Amtsgerichts Neukölln in der Karl-Marx- Straße statt.