Mormonen

Gründer

Stand: Januar 2002

Joseph Smith, geb. 1805 im US-Staat Vermont. In seiner Familie waren Aberglaube und religiöse Unruhe bestimmend. Als Jugendlicher hatte er versucht, mit Hilfe von Kristallkugeln in der Erde verborgene Schätze aufzuspüren und war deshalb von einem Gericht wegen Betruges verurteilt worden. Später berichtete er davon, daß ihm Gott und Jesus erschienen seien und den Auftrag erteilt hätten, das "ursprüngliche Evangelium wiederherzustellen". Der Grund: Alle Kirchen seien vom wahren Glauben abgefallen und ihre Bekenntnisse wären in den Augen Gottes "ein Greul". - Ein "Engel" namens Moroni habe Smith dann 1827 auf einem Hügel vergrabene, geheime Schriften (Goldene Platten) zugänglich gemacht, die er "übersetzte" und 1830 als "Das Buch Mormon" veröffentlichte. - Aufgrund verschiedener Umstände brachten ihn seine Kritiker im Juni 1844 in das Gefängnis von Carthage/Ill., wo er am 27. Juni von einer aufgebrachten Menge erschossen wurde.

Entstehung & Geschichte

Am 6. April 1830 gründete J. Smith mit einigen Freunden im Bundesstaat New York die "Church of Christ" ("Kirche Christi"). Dieser Name wurde 1834 von der Generalkonferenz auf "Kirche der Heiligen der letzten Tage" (engl. "Church of the Latter Day Saints") geändert. Dieser Name wiederum wurde dann 1838 in bekannter Weise von der Generalkonferenz auf "Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage" (engl. "Church of Jesus Christ of Latter Day Saints") geändert.

Die Gemeinschaft gewann bald zahlreiche Anhänger und breitete sich weiter nach Westen aus: Ohio, Missouri und Illinois waren die wichtigsten Etappen. Aufgrund der vielen "neuen Offenbarungen" ihres "Propheten" bildeten sich im Laufe der Zeit unter den "Heiligen" immer fremdartigere Lehren und Praktiken heraus, so daß diese Gemeinschaft von der kirchlich geprägten Umwelt bald nicht mehr akzeptiert werden konnte. So kam es zu ständigen Auseinandersetzungen mit Nicht-Mormonen, aber auch mit staatlichen Behörden. - Nach dem gewaltsamen Tod des Religionsgründers zogen die "Heiligen" 1845/46 unter Führung Brigham Youngs in einem großen Zug nach Westen und erreichten im Sommer 1847 das Große Salzseetal in den Rocky Mountains. Hier entstand ihr Zentrum Salt Lake City, später Hauptstadt des US-Staates Utah. Aus einer Salzwüste war eine blühende Kulturlandschaft geworden. - Durch eine rührige Mission breitete sich der Mormonismus über die ganze Erde aus (seit 1952 auch in Deutschland). Heute bekennen sich über 8 Millionen Menschen zu dieser neuen Religion. Die größten Zuwachsraten gibt es in Lateinamerika und Ostasien.

Lehre & Praktiken

Die Mormonen verstehen sich als die "einzig wahre christliche Kirche auf Erden". Sie behaupten, daß Gott einst Mensch war und auch die Menschen (unter bestimmten Voraussetzungen) einst Gott werden könnten. Sie betonen die Notwendigkeit "neuer Offenbarungen". Das "Buch Mormon" gilt neben der Bibel als "heilige Schrift". Kernstück morm. Praktiken bilden die geheimen Tempelrituale:

  1. stellvertretende "Taufe für Tote";
  2. das "Endowment" (= `Ausstattung`). Die Teilnehmer bekommen geheime Belehrungen, Handgriffe und Zeichen, um in das Reich Gottes zu gelangen;
  3. Eheschließung (Siegelung) "für Zeit und Ewigkeit"; man bleibt als Ehepaar auch im Jenseits zusammen.

Beurteilung

Der Mormonismus gehört aufgrund seiner auf "neuen Offenbarungen" beruhenden unbiblischen Lehren und der geheimen Tempelrituale nicht zum weiten Spektrum des ökumenischen Christentums. Er ist vielmehr als eine amerikanische, synkretistische Neu-Religion zu bewerten. Fast alle aus dem biblisch-christlichen Kontext übernommenen Begriffe (z.B. Sünde, Gott, Christus, Schöpfung, Apostel, Auferstehung, Taufe, Heil usw.) sind in ihren Inhalten völlig verändert und `mormonisiert` worden. Daneben propagiert der Mormonismus Amerika als "Kontinent des Heils", als Mittelpunkt der göttlichen Heilsgeschichte: Das Paradies Adam und Evas liegt im Bundesstaat Missouri; Christus erschien nach seiner Auferstehung auf dem amerikanischen Kontinent und wird dort auch nach seiner Wiederkunft im Endzeit-Tempel von Independence/Mo. residieren, usw. Deshalb bedeutet ein Uebertritt zum Mormonentum nicht nur ein Glaubenswechsel, sondern eine völlige Abkehr von der christlich-ökumenischen Kirchengemeinschaft. Der Mormonismus repräsentiert eine ganz andere, fremdartige Welt, die Folge ist eine starke Belastung der bisherigen gesellschaftlichen, vor allem aber familiären Bezüge. Die extremen Glaubensvorstellungen der Mormonen und die starke zeitliche Beanspruchung des einzelnen Mitglieds in der Mormonengemeinschaft stellen in konfessionsgemischten Familien in der Regel eine ständige Zerreißprobe dar.

Autor: Dr. Rüdiger Hauth

Kritische Literatur