Wohnungsumwandlungen: bei jeder zweiten mischt die Sekte kräftig mit

Aus TAZ Hamburg, 3. Mai 1994

Mitglieder der "Scientology"-Sekte und mit ihnen kooperierende Firmen beherrschen nach Aussage des Mietervereins zu Hamburg zunehmend den Hamburger Wohnungsmarkt. Nahezu jede zweite Mietwohnung, die in eine Eigentumswohnung umgewandelt und verkauft wird, gehe durch die Hände von "Scientology-Firmen", so Willi Lehmpfuhl vom Hamburger Mieterverein. Mit teilweise rüden Methoden würden diese Firmen versuchen, die Mieter aus ihren Wohnungen zu vertreiben.

Erstmals hat der Mieterverein im Hamburger Stadtmagazin "HH 19" jetzt eine aktuelle Grafik veröffentlicht (Stand 26.04.94), die die Verflechtungen der "Scientology-Firmen" veranschaulicht. Zentrale Figur des Immobilien-Imperiums ist demnach der bekannte Scientologe Götz Brase. Ebenfalls große Bedeutung hat nach Aussage des Mietervereins die Berliner Firma "Meta Real", die auf dem Hamburger Wohnungsmarkt "kräftig mitmischt" (taz berichtete mehrfach).

Als weitere Namen werden unter anderem genannt: KCM, Breitling und Partner, Frigge und Lehmann, TSB, Real-Wert, Harlachinger Grundstückges., AGV, Hansen Immobilien, Muhl Immobilien, Full House und GEVA. Die Gewinnspanne für die Scientologen ist beträchtlich: Eine unvermietete Eigentumswohnung kan nach Angaben des Mietervereins derzeit bis zu 45 Prozent teurer verkauft werden als eine bewohnte.

Der Mieterverein empfiehlt den Mieter, angebliche "Mieterberater" gar nicht erst hereinzulassen. Wenn bekannt wird, daß ein Haus den Eigentümer wechselt und eine Umwandlung in Eigentumswohnungen bevorsteht, sollten sich die Mieter zusammenschließen und sich nicht einzeln "über den Tisch ziehen lassen".

Von den Hamburger Tageszeitungen mit Wohnungsanzeigen fordert er eine "freiwillige Selbstkontrolle" bei der Annahme von Anzeigen, um "Sientology-Firmen" [sic] nicht zu unterstützen. epd

Durchbruch vor Gericht

Aus TAZ 13. Dezember 1994

Nach dem ersten Prozeßerfolg gegen Firmen von Scientology-Mitgliedern liegt jetzt das Urteil des Landgerichtes Berlin vor.

(...) Bisher war es den Unternehmen, die mit Scientology-Mitgliedern verflochten sind, fast immer gelungen, kritische Berichterstattung gerichtlich untersagen zu lassen. Ihr Argument: Die Scientology-Mitgliedschaft sei Privatsache. Das Landgericht Berlin hat jetzt in dem Verfahren zwischen taz und den Hamburger Firmen Breitling & Partner sowie HG Grundstückgesellschaft Harlaching mbH der taz recht gegeben. Über die Recherche des Hamburger Mietervereins, wonach unter anderem diese Firmen, verflochten mit Scientology-Mitgliedern, bei der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohungen "mit teilweise rüden Methoden" beteiligt sind, darf seit dem 20. Oktober weiterberichtet werden. Nach diesem Urteil (Geschäftsnummer 27.0.612/94) besteht Hoffnung, daß es Scientology-Mitgliedern nicht mehr so leicht gelingt, kritische Berichterstattung über ihr Organisation zu verhindern. MR