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BERLINER DIALOG 27, Orakel 2003

Handlesen

Seit Jahrtausenden wird behauptet, Zukunft, Schicksal, Charakter, und Anlagen der Menschen aus Form und Größe der Hände und Finger sowie aus den Handbergen und Handlinien der Innenhand deuten zu können. Das scheint auch im 3. Jahrtausend n. Chr. noch Bedeutung zu haben.
Während die Chirologen (Chirologie; griech.: "Handkunde") sich lediglich auf die Beschreibung der Charakter- und Persönlichkeitsanlagen beschränken wollen, behaupten Chiromanten (Chiromantie von griech. Cheir: "Hand" und "Mantik": Wahrsagekunst), aus den Händen die Zukunft erkennen zu können. Die Grenzen hierbei sind aber fließend und zwischen beiden Begriffen wird oft auch nicht unterschieden.
Zur Deutung sollen immer beide Hände herangezogen werden. "Da die linke Hand mehr die Anlage, das Vorgegebene des Menschen ausdrückt, während in der rechten Hand stärker das von ihm Geforderte und zu Leistende, die Auseinandersetzung mit der Umwelt in Erscheinung tritt, könnte man gleichsam sagen, dass sich das Leben des Menschen zwischen diesen beiden Handbildern vollzieht."16 

Hand- und Fingerformen
Zunächst werden die Grundformen von Händen und Fingern betrachtet. In der Literatur werden hierzu unterschiedliche Angaben gemacht. Im "Bildlexikon der Handlesekunst" werden drei Grundformen von Händen und Fingern unterschieden: spatelig, eckig, konisch.17 Eine andere Typisierung beschreibt die Hände als Luft-, Erd,- Wasser- oder Feuerhand und die Formen der Finger als konisch, rund, eckig oder spatelig.18 Gleich sieben Handtypen lassen sich in der Schrift "Handlesekunst - Bewährte Regeln der Chirologie und Chiromantie" finden: lebensvoll, philosophisch, schön, praktisch, sensibel, willensstark, unbeschwert.19 
Die Handform zeige Grundtendenzen der Lebensbewältigung an, wohingegen die Finger die "Aufnahme- und Kontaktfähigkeiten des Menschen" repräsentierten 20 und mit unterschiedlichen Namen versehen sind: Zeigefinger (Persönlichkeitsfinger, Jupiterfinger); Mittelfinger (Schicksalsfinger, Saturnfinger); Ringfinger (Kunst- und Schönheitsfinger, Apollofinger); kleiner Finger (Gründlichkeitsfinger, Merkurfinger); Daumen (Marsfinger)21 . Darüber hinaus soll auch die Stellung des Daumens Rückschlüsse auf die Persönlichkeit zulassen. Bildet der Daumen z.B. einen Winkel von 60-90° zum Zeigefinger, so deute dies auf eine "flexible, unabhängige, logisch denkende und zielstrebige Persönlichkeit" hin,  während ein Winkel von 30° auf Angespanntheit und Verschlossenheit schließen ließe.22 
Weitere Gesichtspunkte sollen die Festigkeit und die Farbe der Hände sowie die Fingernägel liefern.

Handberge und Handlinien

- Die Handberge
In der Regel werden acht Handberge 23 genannt, deren Beschaffenheit Einfluss auf die den Bergen zugeschriebenen Eigenschaften haben soll. So ließe ein gut ausgeprägter Berg auf eine starke Persönlichkeit schließen.24  Brenner-Kruckenberg unterscheidet zur Wertung der Handberge zwischen einer gut (positive Wertung [+]), übermäßig stark (negativ übersteigernde Wertung [-é]) und schwach ausgeprägten Formung (negativ unterbietende Wertung [-ê]).25 

Handlesen
Sind so kleine Hände
Foto: Studio Schmidt-Dominé

- Die Handlinien
Die Handlinien ("Schicksalsrunen" 29) dürften die bekanntesten Kennzeichen einer Hand sein, wenn das Stichwort Handlesen fällt. Insbesondere aus den Linien wird "die Zukunft gelesen". Es werden drei Hauptlinien ([1] Herzlinie, [2] Kopflinie und [4] Lebenslinie) von einer unterschiedlich angegebenen Anzahl sogenannter Nebenlinien (z. B.: [3] Schicksalslinie) unterschieden.30 
Bei der Betrachtung der Handlinien sollen verschiedene Gesichtspunkte berücksichtigt werden: der Verlauf (gebogen, unterbrochen ...), die Beschaffenheit, die Farbe u.a.m.
Die Lebenslinie soll z.B. Auskunft geben über Vitalität und Gesundheit. Die Lebenslinie wäre auch maßgeblich für Vorhersagen des Todeszeitpunktes. Die Kopflinie wird als Quelle für Aussagen u.a. über Denk- und Konzentrationsfähigkeit angesehen. Um Erkenntnisse über die Gefühlswelt zu erhalten, soll die Herzlinie gedeutet werden, und in der Schicksalslinie zeige sich der Lebensweg, z.B. in beruflicher Hinsicht.
In einigen Fällen werden den Linien Organe und Körperregionen zugeordnet. Somit sollen auch organische Funktionsstörungen aus den Handlinien erkennbar sein.

            Bezeichnungen der Handberge und Deutungsbeispiele

   Bezeichnungen     Persönlichkeitsmerkmale (Beispiele) 26
 1   Venusberg 27  [Liebesberg] 28

*  [+]
    [-
é]   
    [-
ê]  
 Heiterkeit
 Vergnügungssucht
 Unzufriedenheit
 2  Unterer Marsberg      [Familiensinnberg]

*  [+]   
    [-
é]  
    [-
ê]  
 gute, aufrichtige und opferwillige Gatten- und Kinderliebe
 Affenliebe
 keine Kinderliebe
 3  Jupiterberg [Erfolgsberg]

*  [+]  
    [-
é]  
    [-
ê
 Großzügigkeit
 Genusssucht
 Kleinlichkeit
 4  Saturnberg [Schicksalsberg]

*  [+] 
    [-
é]
    [-
ê]
 Lebensklugheit
 Spitzfindigkeit
 Unbeholfenheit
 5  Apolloberg [Kunst- und      Schönheitsberg] *  [+]
    [-
é]
    [-
ê]
 Kunstsinn
 Prahlsucht
 Schüchternheit
 6  Merkurberg [Verstandesberg]

*  [+]
    [-
é]
    [-
é]
 Beredsamkeit
 Lügenhaftigkeit
 geringe geistige Begabung
 7  Oberer Marsberg [Kraftberg]

*  [+]
    [-
é]
    [-
é]
 Selbstbeherrschung
 Unbeherrschtheit
 Energielosigkeit
 8  Mondberg [Phantasieberg]

*  [+]
    [-
é]
    [-
é]
 Vorstellungsvermögen
 Maßlose Phantasie
 Phantasielosigkeit

Kritische Einschätzung
Auch wenn die Technik des Handlesens auf eine lange Geschichte zurückblicken kann, liegen keinerlei wissenschaftliche Beweise über die Gültigkeit der Aussagen vor. Vielmehr ist davon auszugehen, dass Handleser und -leserinnen durch geschickte Fragen und die unbewussten Reaktionen ihrer Kunden ihre Schlüsse ziehen. Wie in den anderen Bereichen der Wahrsagerei gilt auch hier, dass Personen, die an diese Phänomene glauben, für rationale Argumente nur schwer zugänglich sind. Besonders problematisch stellt sich das Handlesen dort dar, wo es zu diagnostischen und therapeutischen Zwecken eingesetzt wird. "Die Deutung der Linien bringt das Risiko mit sich, dass seelische Krisen verschärft beziehungsweise gar erst ausgelöst werden." 31 

Quellen
Brenner-Kruckenberg, Walter:
Handlesekunst - Bewährte Regeln der Chirologie und Chiromantie, Moritz Stadler, Villach, 1951.
Ebertin, Reinhold: Das Schicksal in meiner Hand, Ebertin-Verlag, Aalen, 1966/1975.
Mangoldt, Ursula von: Schicksal in der Hand, Origo, Zürich, 1949.
Ripota, Peter: Bildlexikon der Handlesekunst, Gondrom, Bindloch, 1990.

Anmerkungen
15 Leuenberger, Hans-Dieter
16 von Mangoldt, Ursula: Die Zeichensprache der Hand. In: Esoterik und Wissenschaft, F 31/32, Juli 1969, 8.
17 Vgl. Ripota, Peter: Bildlexikon der Handlesekunst, Gondrom, Bindloch, 1990, 6.
18 Time-Life-Bücher: Geheimnisse des Unbekannten - Wahrsagungen und Prophezeiungen. Amsterdam, 1988, 54f.
19 Brenner-Kruckenberg, Walter: Handlesekunst - Bewährte Regeln der Chirologie und Chiromantie. Verlag Moritz Stadler, Villach, 1951, 15.
20 Ripota, a.a.O., 6; 42.
21 Brenner-Kruckenberg, a.a.O., 27; für die astrologischen Bezeichnungen: tz-München, "Handlesen - Ihr Schicksal ist kein Geheimnis", 10.2.2000, 33.
22 Time-Life-Bücher, a.a.O., 55.
23 z.B.: Brenner-Kruckenberg, a.a.O., 37ff.; von Mangoldt, Ursula: Schicksal in der Hand. Origo Verlag, Zürich, 1949, 58; Time-Life-Bücher, a.a.O., 56f.
24  vgl.: Ripota, a.a.O., 142.
25  vgl.: Brenner-Kruckenberg, a.a.O., 39f.
26  nach Brenner-Kruckenberg, a.a.O., 40ff.
27 Bezeichnungen nach Time-Life-Bücher,   a.a.O., 56f.
28 Bezeichnungen in [?] nach Brenner-Krucken-  berg, a.a.O., 39.
29 Brenner-Kruckenberg, a.a.O., 53.
30 Brenner-Kruckenberg unterscheidet insgesamt 17 Handlinien, a.a.O., 54.
31 Federspiel, Krista/ Lackinger Karger, Ingeborg: Kursbuch Seele. Kiepenheuer & Witsch, Köln, 1996, 534.


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