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ELTERNINITIATIVEN

Empfehlung zum Handeln
Zum Endbericht der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages zu sogenannten Sekten und Psychogruppen

Die Enquetekommission des Deutschen Bundestages zu sogenannten Sekten und Psychogruppen kam zustande u. a. auf Grund von Anfragen an den Petitionsausschuß und einzelnen Abgeordnete vor allem von betroffenen Familienangehörigen und den Eltern-Initiativen. Deshalb bringen wir hier eine Stellungnahme aus den Eltern- und Betroffeneninitiativen:

Stellungnahme der Eltern- und Betroffeneninitiative gegen psychische Abhängigkeit - für Geistige Freiheit Berlin e.V. vom 19. Juni 1998 zu Endbericht und Handlungsempfehlungen der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages zu sog. Sekten und Psychogruppen

A. Auch wenn es in manchen Punkten der Darstellung und Bewertung der Probleme zwischen Elterninitiativen und der Enquete-Kommisssion Unterschiede und Differenzen geben mag und dem Bericht passagenweise das Ringen der Kommissionsmitglieder um Kompromisse in den Formulierungen anzumerken ist:

Wir danken der Kommisssion für ihre Arbeit und begrüßen besonders die Handlungsempfehlungen der Mehrheit der Kommission. Damit sind wichtige Forderungen und Anliegen von betroffenen Angehörigen und Initiativen aufgenommen:

1. Gesetzliche Regelung der staatlichen Förderung von Initiativen.

2. Der festgehaltene Grundsatz des Opferschutzes: Veränderungen im Kindschaftsrecht, Kinderschutz vor religiösem Mißbrauch; Unterstützung eines Gesetzes zur Regelung der gewerblichen Lebenshilfe; Einführung des. Straftatbestandes Pyramidenspiel; Einbeziehung von Strukturvertrieben in Gesetze über Finanzdienstleister; Wuchergesetzanwendung im Bereich Psychogruppen etc.

3. Die Betonung der staatlichen Verantwortung für das Problemgebiet durch die Forderung nach weiterer Untersuchung der Scientology-Organisation durch den Verfassungsschutz, Förderung der internationalen und europäischen Zusammenarbeit in der Auseinandersetzung mit Kulten und Psychogruppen und die Forderung einer regelmäßigen Berichtspflicht der Bundesregierung.

4. Wir begrüßen auch die Empfehlungen der Enquete-Kommission zum Okkultismus, die nicht nur Aufklärung, Spezialdezernate der Polizei und zentrale Auswertung der polizeilichen Erkenntnisse, sondern auch eine Verbesserung der allgemeinen Jugendarbeit vorsehen.

5. Wir begrüßen auch die rechtlichen Empfehlungen zur Einführung einer strafrechtlichen Verantwortung für juristische Personen und zur Veränderung des Vereinsrechts: Auch Religionsgemeinschaften sollten, wie andere Vereine grundgesetzkonform sein.

B. In manchen Medien wird ein Satz aus der Stellungnahme des Endberichts isoliert zitiert, die Gruppen seien keine Gefahr für die Gesellschaft (S. 378, 3. Abs.). Die vorhergehenden Ausführungen und der Zusammenhang zeigen klar, daß das keineswegs als Entwarnung zu verstehen ist, sondern daß "Wachsamkeit" und "ggF. staatliche Gegenmaßnahmen" in Bezug auf die hochkonfliktträchtigen Organisationen angezeigt sind.

(Beispiel: Auch die kürzlich geschehene, schreckliche Zugkatastrophe stellt "zum gegenwärtigen Zeitpunkt" "gesamtgesellschaftlich gesehen" "keine Gefahr dar für Staat und Gesellschaft oder für gesellschaftlich relevante Bereiche". Trotzdem Opferhilfe, Aufklärung etc.)

Dieser Satz bezieht sich im Übrigen ausdrücklich nicht auf die Scientology-Organisation.

C. Sehr positiv bewerten wir das grundsätzliche Ja der Mehrheit der EnqueteKommission zur künftigen staatlichen Unterstützung der freien Initiativen und die Wertschätzung, die für die bisherige Arbeit der freien Initiativen zum Ausdruck kommt.

D. Umso bemerkenswerter ist die Einschränkung in Bezug auf die freien Initiativen in einem Sondervotum der "Grünen" zusammen mit den Sachverständigen Helsper und Eiben sowie in dem Sondervotum der Grünen überhaupt.

Es muß zu denken geben, daß eine Organisation, die einmal angetreten war für Basisorganisation, Bürgerinitiativen und Selbsthilfegruppen etc. gerade in dieser Sache eine dezidierte Stellung gegen die Unterstützung von Selbsthilfegruppen nimmt, ebenso wie im Sondervotum der Grünen auch gegen das Gesetz zur Regelung der gewerblichen Lebenshilfe polemisiert wird, als gehe es nicht um Verbraucher- und Opferschutz, sondern um den Schutz obskurer kommerzieller Psycho- und "Lebenshilfeanbieter".

E. Besonders bemerkenswert ist eine "Rolle rückwärts" der Grünen in Bezug auf Scientology: "Die gegen die Scientology-Organisation erhobenen Vorwürfe sind so gravierend, daß sie mit allen rechtsstaatlichen Mitteln aufgeklärt werden müssen. ... Das rechtsstaatliche Instrumentarium hierzu ist vorhanden und es sollte auch genutzt werden," heißt es im Sondervotum der Grünen. Also endlich ein eindeutiges JA der Grünen zum Verfassungsschutz und seiner Tätigkeit in Bezug auf die Scientology-Organisation. Oder?

Die Elterninitiativen und Betroffenengruppen werden die Parteien und Kandidaten bei der kommenden Bundestagswahl und in den folgenden Monaten danach bewerten müssen, wie sie zu den langjährigen Forderungen der Betroffenenhilfsorganisationen und den Empfehlungen der Enquete-Kommission stehen und was sie zu ihrer Umsetzung tun.



Hinweis

Der vollst&aum;ndige Bericht der Enquete-Kommission kann als gezippte Word-Datei auf Diskette gegen einen Kostenbeitrag von DM 5,in Briefmarken bei der Redaktion des BERLINER DIALOG angefordert werden. Er ist auch auf der religio-Internet-Seite unter http://www.religio/enquete/bericht.zip abzurufen

Termine

13. September 1998
Mitgliederversammlung der EBI Berlin Auskunft: EBI Berlin, Heimat 27, 14165 Berlin

16. und 17. Oktober 1998
Eine "umstrittene" Enquete und ihre Ergebnisse - Eine Tagung der EBI Sachsen in Verbindung mit der Friedrich-EbertStifung - Auskunft: EBI Sachsen, Heinrichstr. 11, D-04317 Leipzig

2. - 4. Juli 1999
Jahrestagung 1999 der "Münchener" Elterninitiative in Regenstauf -

Auskunft: Elterninitiative zur Hilfe gegen seelische Abhängigkeit und religiösen Extremismus (EI) e.V.,

Postfach 199 513, D-80079 München

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