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BERLINER DIALOG 24-25, 1/2-2001

  

Wenn der Auditor zur Beratungsstelle kommt...
Hilfen zu Organisationsentwicklung und Qualitätssicherung in Non-Profit-Organisationen
von Thomas Gandow

In sozialen Organisationen, wie z.B. in der Jugendarbeit der "freien Träger" und auch in den Kirchen, werden die Mitarbeiter gerade in Zeiten knapper Kassen oder beim Wechsel der Führungspersonen nun ebenso wie in der freien Wirtschaft mit "Strukturreformen", Management-Reformen, neuen "Qualifizierungsstrategien", Mitarbeitergesprächen und Leitbilddiskussionen und anderem mehr verunsichert.

Der von solchen Reformkampagnen erhoffte Motivationsschub und Einsparungseffekt für die Organisation stellt sich immer dann für die Organisation eher als Schuß ins eigene Knie heraus, wenn die gutwilligen Mitarbeiter schließlich feststellen müssen, daß die versprochene "Reform an Haupt und Gliedern" in Tat und Wahrheit bedeutet, daß der Repräsentationsetat der Leitungsebene sich reformbedingt vervielfacht hat, während an der Basis einschneidende Sparbeschlüsse exekutiert werden.

Qualitätssicherung
Die Diskussion um Strategie- und Strukturreformen wird oft eingeleitet mit einer "Qualitätssicherungsdebatte", bei der Controlling- und Qualitätssicherungsstrategien der Erwerbswirtschaft auf Non-Profit-Organisationen übertragen werden.
Hierher kommen dann übrigens auch immer wieder besorgte Anfragen. Denn in einer Organisation oder Firma, die sich nach ISO 9000, einem aus der Industrie übernommenen Qualitätssicherungs-System, zertifizieren läßt, weckt das Auftauchen eines Auditors bei der Evaluation der Qualität der innerorganisatorischen Abläufe Erinnerungen an scientologische "Auditoren". (Vergl. nebenstehenden Kasten)

Jugendarbeit, Beratungsarbeit und politische Bildung sind in höchstem Maße von Zuwendungsgebern abhängig. Sie haben sich in den letzten Jahren in erheblicher Weise den unterschiedlichen standardisierten Qualitätssicherungsmethoden unterworfen, um solche und ähnliche, für weitere Zuwendung erforderlichen QS- "Zertifizierungen" zu erhalten.
Inzwischen liegt eine nun schon 34-teilige Broschürenserie des Bundesjugendministeriums zur Qualitätssicherung vor.
Zu empfehlen für diejenigen, die sich über die Qualitätssicherungs-Debatte in Jugendarbeit, Beratungsarbeit, Wohlfahrtsverbänden und Politischer Bildung informieren wollen oder müssen und über die damit maßgeblichen Standards und Qualitätssicherungs-Strategien in der Kinder- und Jugendhilfe, aber auch in der politischen Bildung, sind diese Broschüren allemal.
Kostenlose Broschürenreihe "Qs-Materialien zur Qualitätssicherung in der Kinder- und Jugendhilfe", Herausgeber: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Rochusstr. 8-10, 53123 Bonn, Schriftleitung: Wennemar Scherrer, ISSN 1430-8371  
(Bestellmöglichkeit auch über: http://www.bmfsfj.de )

Aus dem "Formbrief" von Tilman Hausherr
zur vermuteten Firmenunterwanderung
Punkt 5: In meiner Firma soll ISO 9000 eingeführt werden. Hat dies was mit Scientology zu tun?
Nein. ISO 9000 bedeutet daß es in einer Organisation ein System zur Qualitätssicherung *gibt*. (Es bedeutet nicht, daß Produkte tatsächlich qualitativ hochwertig sind). ISO 9000 ist seriös, wenn auch umstritten, da viel Papierkram anfällt. So macht Microsoft da nicht mit. Die Person, die die Firma für ISO 9000 überprüft, wird "Auditor" genannt. Das Wort gibt es auch bei Scientology. Das ist aber auch schon alles. Das Wort kommt von "Audire" (lat) was schlicht "anhören" bedeutet. Viele Unternehmen lassen sich "ISO 9000" zertifizieren, da manche Kunden dies als Vorteil betrachten. Somit ist es nur normal, daß auch scientologische Unternehmen die ISO 9000 Zertifizierung anstreben.

Organisationsentwicklung
Vergleichbare ausführliche Veröffentlichungen zu Organisationsverbesserung und -entwicklung und Steigerung der Management-Effizienz in der Jugend- und Beratungsarbeit sind schwerer zu finden. Immerhin ist jetzt in der erwähnten Reihe auch Qs 32-Professionalisierung von Nonprofit-Dienstleistern. Ein Leitfaden zur Organisationsentwicklung erschienen.
Die Reihennummer des Heftes zeigt es an: In vielen Non-Profit-Organisationen ("NPOs") wird erst nach der aus der Erwerbswirtschaft übernommenen "Qualitätssicherung" auch eine entsprechende Organisationsentwicklung betrieben. Das ist so, als würde man seine Motorisierung mit der Anschaffung eines Tachometers beginnen - ein Vorgehen, das man früher als "das Pferd vom Schwanz aufzäumen" bezeichnete.

Aber um effizienteres Organisationsmanagement und um die Interpretationen dieses Begriffs soll und muß es doch eigentlich zunächst gehen! Denn:
* Oft sind Basis, Mittelbau und Mitarbeiter von NPOs den Management-Theorie-gestützten "Reformen von oben" passiv ausgesetzt, weil die nötige Sachkunde nicht vorhanden ist, verschiedene Ansätze kritisch zu beurteilen;
* dazu kommt: Der NP- oder "dritte" Sektor (neben Markt und Staat) ist selbst zu einem Markt geworden. Nach dem schönen Motto "Profit mit den Nonprofits" versucht eine Vielzahl von Weiterbildungs- oder Fortbildungsanbietern und spezialisierten Beratungsfirmen, sowie Verlage mit einem unüberschaubaren Ratgeber- und Literaturangebot, den Beratungsbedarf der NPOs in klingende Münze für sich umzuwandeln;
* Weiter gilt: NPOs stehen tatsächlich in Konkurrenz nicht nur untereinander, sondern auch mit durchgestylten POs (also profitorientierten Unternehmungen, von kommerziellen Jugendreisebüros bis zu kommerziellen Jugendpartyveranstaltern); hinzu kommen clevere Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, start-ups und Modellprojekte, bei denen Styling und Struktur staatlichen Vorgaben besser entsprechen als bei den naturwüchsigen, zwar fachkundigen, aber laienhaft gemanagten NPOs (z.B. Eltern- und Betroffeneninitiativen).
Aus vielfachen Gründen gilt daher: Hier ist Durchblick und Sichtung gefragt, die zur kritischen Befragung der nächsten "Strukturreformen" und ihres Vokabulars befähigt, aber auch zur Einschätzung von vermeintlichen und echten Konkurrenten und die Mut macht zur sinnvollen Anwendung moderner Management-Methoden auf die eigene Organisation.
Eine solche Einführung haben wir gefunden in:
Peter Schwarz: Management-Brevier für Nonprofit-Organisationen (2. vollständig überarbeitete Auflage 2001) ISBN 3-258-06317-6, DM 59,79; EUR 30,57
NPOs, gerade auch die im Feld der Beratung und Orientierung über Religions- und Weltanschauungsfragen, aber auch Kirchengemeinden und Bürgerinitiativen sind nun einmal anders als kommerzielle Unternehmungen oder staatliche Stellen. Ihre Besonderheiten prägen auch die Managementsituation, zu deren Bewältigung spezifische Führungsinstrumente und -methoden erforderlich sind, die nicht einfach aus der Erwerbswirtschaft oder der öffentlichen Verwaltung übernommen werden können.
Das vorliegende Brevier aus der Freiburger NPO-Management-Schule vermittelt allen, die ehren- und hauptamtlich in NPOs wie Vereinen, Verbänden, Parteien, Kirchen, Sozialwerken etc. tätig sind, in allgemeinverständlicher Sprache, aber wissenschaftlich fundiert, Grundlagen zu Non-Profit-Organisationen und Basiswissen zum Management. Als Einführung konzipiert und mit 38 sinnvollen Abbildungen und Schaubildern illustriert und mit einem Register versehen, ermöglicht es auch dem Nicht-Betriebswirtschaftler, einen Zugang zu den Inhalten der Betriebswirtschaft und deren Anwendung auf die eigene Organisation zu finden.
Empfehlenswert aus gleichem Haus und für kritisch beobachtende Sektenbeauftragte, aber auch Ratschläge suchende Non-Profit-Organisationen, Kirchengemeinden und Initiativen hilfreich:

Bruno Fäh/Thomas B. Notter: Die Erbschaft für eine gute Sache. Ein Handbuch für Fundraiser auf Legatsuche, 149 S., 38,- DM, ISBN 3-258-06188-2, Verlag Paul Haupt, Bern-Stuttgart-Wien, 2000
Das Buch gibt dem kritischen Beobachter, aber auch den professionellen Fundraisern eine gute und systematische Einführung in das sogenannte Erbschaftsfundraising. Dabei werden juristische und psychologische Aspekte mit der nötigen Breite dargestellt.

Bruno Dählert/Urban Fink: New Church Management. Finanzmanagement und Kundenmarketing in der katholischen Kirche in der Schweiz. Management-Weiterbildung Heft 19, 60 S., 20,- DM, ISBN 3-258-06026-6, Verlag Paul Haupt, Bern-Stuttgart-Wien, 1999
Das Bändchen ist zugleich eine interessante Einführung in kirchen- und staatskirchenrechtliche Schweizer Strukturen.

Weitere Literaturempfehlungen
Astrologie
Jürgen G. H. Hoppmann (Hrsg.): Melanchtons Astrologie. Der Weg der Sternenwissenschaft zur Zeit von Humanismus und Reformation. 120 S. ISBN 3-9804492-8-9, Drei Kastanien Verlag, Wittenberg, 1997.

Jürgen G.H. Hoppmann: Astrologie der Reformationszeit. Faust, Luther, Melanchton und die Sternendeuterei. 218 S., ISBN 3-88468-069-2, Verlag Clemens Zerling, Berlin, 1998.

Charismatiker
Peter Zimmerling: Die charismatischen Bewegungen. Theologie-Spiritualität - Anstöße zum Gespräch, 435 S., 68,- DM, ISBN 3-525-56546-1, Verlag Vandenhoeck & Ruprecht, 2001.

Dr. Steven Lambert: Charsimatic Captivation. Authoritarian Abuse and Psychological Enslavement in Neo-Pentecostal Churches., 382 S., ISBN 1-887915-00-1, Library of Congress Catalog Card Number: 95-95271, Steve Lambert Ministries, 1995.

Mary Alice Chrnalogar: Twisted Scriptures. A path to freedom from abusive Churches., 283 S., ISBN 0-9649588-0-5, Control Techniques, Inc., USA, 1997/98.

Freikirchen
Vereinigung Ev. Freikirchen/VEF (Hrsg.): Freikirchenhandbuch. Informationen-Anschriften-Berichte, 182 S., 9,80 DM, ISBN 3-417-24154-5, Brockhaus-Verlag, Wuppertal, 2000.

Islam
Adel Theodor Khoury, Peter Heine, Janbernd Oebbecke: Handbuch Recht und Kultur des Islams in der deutschen Gesellschaft. Probleme im Alltag - Hintergründe - Antworten. Gütersloher Verlagshaus 2000; ISBN 3-579-02663-1, EUR 39,88; DM 78,-
Das Handbuch erklärt das islamische religiöse Recht im Hinblick auf alle Lebensbereiche und Vollzüge und zeigt, wo in der bundesdeutschen Gesellschaft und im Recht Konflikte erwachsen können und wie ihnen begegnet werden kann.
Aus dem Inhalt: Grundzüge des Islams / Rechtssystem des Islams und rechtliche Situation in der islamischen Welt / Religiöse Hauptpflichten und Identität des Muslims / Ehe und Familie (Eherecht, Erbrecht, Religiöse Stiftungen) / Aus der Alltagspraxis (Speisevorschriften, Kleiderordnung etc. Arbeitsrecht, Schulrecht, Wirtschafts- und Finanzrecht, Prozeßrecht) / Strafrecht / Muslime und Nicht-Muslime / Das deutsche Recht und der Islam.

Hg. Lutherisches Kirchenamt der VELKD und Kirchenamt der EKD: Was jeder vom Islam wissen muß. 5. verbesserte und ergänze Auflage. Gütersloher Verlagshaus. ISBN 3-579-00786-6, DM 24,80.

Rüdiger Beile: Weltreligion Islam.
Münchener Reihe 1993, DM 14,81; EUR 7,57.

Gilles Kepel: Allah im Westen. Die Demokratie und die islamische Herausforderung. Piper Verlag München 1996 ISBN 3-492-03790-9 DM 48; EUR 24,54.

Orthodoxe Kirchen
Athanasios Basdekis: Die Orthodoxe Kirche. Eine Handreichung für nicht-orthodoxe und orthodoxe Christen und Kirchen., 192 S., 10 DM, ISBN 3-87476-377-3, Verlag Otto Lembeck, Frankfurt/Main, 2001.

Römisch-Katholische Kirche
Neue Gruppierungen im Schweizer Katholizisimus. Ein Handbuch. Herausgeber: Schweizerisches Pastoralsoziologisches Institut (SPI) und Schweizerische Katholische Arbeitsgruppe "Neue Religiöse Bewegungen" (NRB), 267 S., ISBN 3-85827-136-5, NZN Buchverlag, Zürich, 2000.

Peter Hertel: Glaubenswächter, Katholische Traditionalisten im deutschsprachigen Raum., 210 S., ISBN 3-429-02279-7, Echter Verlag, Würzburg, 2000.

Comics von Gerhard Förster (zu den folgenden 3 Comic-Seiten 37-39)
Gerhard Förster schreibt dazu:
Ich bin 45 Jahre alt, war von 1975-1978 "auf staff" in der "Wiener Org". Danach habe ich mich langsam von Scientology wegbewegt, da ich in der Außenwelt merkte, daß die scientologischen Methoden im "real life" nur sehr begrenzt brauchbar sind. Der letzte Kontakt war 1983-1984. Da unterstützte ich die Aussteigerbewegung "Freie Zone" mit Broschüren, die unterschiedliche Standpunkte und Insider-Berichte beinhalteten.

Die Comics über meine Zeit bei Scientology erscheinen in meinem Comicmagazin "Von mir!", das auch andere Comics, vorwiegend autobiograpischen Inhalts, enthält. Das Heft hat 40-44 Seiten. Ich verkaufe es im 3er Abo zu DM 25,- (inkl. Versand) bei meiner Adresse. Wer ein Abo bei mir bestellt und das Stichwort "Berliner Dialog" angibt, erhält neben einem kleinen Zusatz-Comic-Heft auch eine schöne Signaturzeichnung.

 Gerhard Förster,  Winckelmannstr. 2/8,  A 1150 Wien,  Tel./Fax: 0043 / 1 / 893 50 48


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