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BERLINER DIALOG 26, 1-4 2002 - Epiphanias 2003

 

Einreiseverbot für Ehepaar Mun rechtmäßig
Von Ralf-Bernd Abel

Das Oberverwaltungsgericht Koblenz hat jetzt nach langjährigem Rechtsstreit entschieden, daß das 1995 von der Grenzschutzdirektion Koblenz gegen die Eheleute Mun verhängte Einreiseverbot rechtmäßig war.

Vorausgegangen war ein mehrjähriger Rechtsstreit. Das Ehepaar Mun wollte im November 1995 im Rahmen einer Europakampagne zu einer Veranstaltung mit den Anhängern seiner Bewegung in Frankfurt einreisen. Das Bundesinnenministerium veranlaßte daraufhin eine sogenannte Ausschreibung zur Einreiseverweigerung mit der Begründung, daß ein öffentliches Auftreten der Eheleute zu Propagandazwecken für die von der Bundesregierung kritisch beurteilte Mun-Bewegung (einschließlich ihrer "Vereinigungskirche" im Folgenden "VK" abgekürzt) genutzt werden und zu heftigen Reaktionen in der Öffentlichkeit führen könnte.
Eine solche Einreiseverweigerung gilt nach dem Schengener Abkommen nicht nur für Deutschland, sondern für den größten Teil der Europäischen Union.
Mun, der seine Werbereise daraufhin nicht wie geplant in die Schengen-Staaten fortsetzen konnte und unverrichteter Dinge zurückkehrte, versuchte sofort, seine Einreise mit einem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz durchzusetzen. Diesen Eilantrag wies das Verwaltungsgericht Köln am 12.11.1995 zurück (3 L 2247/95).
Nach Ansicht des Gerichts gibt der hier einschlägige § 7 Abs. 1 Ausländergesetz der Bundesrepublik Deutschland einen weiten Ermessensspielraum dafür, wen sie einreisen lassen will.
Nachdem Sun Myung Mun vor Gericht erfolglos geblieben war, erhob im Dezember 1995 nunmehr der deutsche Zweig der VK Klage gegen das Einreiseverbot. Im November 1998 wies das Verwaltungsgericht Koblenz, an das die Sache zuständigkeitshalber verwiesen wurde, die Klage schon als unzulässig ab, und zwar deshalb, weil die Einreiseverweigerung nur Mun berührte, aber in keine Rechte der klagenden deutschen Vereinigung eingriff. Auf die Berufung der Kläger kam das Oberverwaltungsgericht Koblenz im September 2000 zu dem entgegengesetzten Ergebnis und stellte fest, daß die Religionsfreiheit einer in Deutschland ansässigen Religionsgemeinschaft beeinträchtigt sein könnte, wenn deren geistliches Oberhaupt nicht nach Deutschland einreisen dürfe.
Gegen diese Entscheidung legte nunmehr das Bundesinnenministerium Rechtsmittel ein, freilich ohne Erfolg.
Auch das Bundesverwaltungsgericht stellte sich - mittlerweile im Juli 2000 - auf den Standpunkt, daß der Staat durch die Religionsfreiheit religiösen Gemeinschaften einen Betätigungsraum zur Entfaltung auf weltanschaulich-religiösem Gebiet zu sichern hätte. Aus diesem Grunde sei auch die deutsche VK rechtlich zumindest befugt, das Einreiseverbot gerichtlich überprüfen zu lassen.
Erst nach Klärung dieser prozeßrechtlichen Vorfrage stand die Sache selbst auf dem Prüfstand, nämlich die inhaltliche Frage, ob Mun zu Recht an der Grenze zurückgewiesen werden durfte.
Damit hatte sich nunmehr wieder das OVG Koblenz zu befassen. Das Oberverwaltungsgericht kam nach umfangreichen Schriftsätzen und intensiver mündlicher Verhandlung zu dem Ergebnis, daß der deutschen VK kein Anspruch auf Einreise der Eheleute Mun zusteht. Es hat daher das ursprüngliche Urteil des VG Koblenz, mit dem die Klage abgewiesen war, bestätigt.
Ansatzpunkt war die rechtliche Vorgabe des Bundesverwaltungsgerichts. Danach trifft den Staat allenfalls dann eine Rechtspflicht, eine aus einem Drittland stammende geistliche Führungsperson einreisen zu lassen, wenn deren persönliche Anwesenheit eine ganz spezifische und herausragende Bedeutung für das religiöse Leben dieser Vereinigung hat. Diesen Beweis vermochten die deutschen Anhänger der VK nicht zu führen. Zwar stellte sich die VK auf den Standpunkt, daß Mun beispielsweise das Seminarzentrum in Camberg einsegnen müsse, damit dieses seine volle geistliche Bedeutung erhalten könne. Allerdings stellte sich dann heraus, daß Mun bereits Anfang der 90er Jahre in Camberg gewesen war, ohne dort eine Einsegnung vorzunehmen. Ein hingegen von Mun "gesegnetes" Bürogebäude in Frankfurt. existierte zwar, wurde jedoch von der VK zugunsten des nicht "gesegneten" Zentrums veräußert. Das Gericht stellte daher in seinem Urteil fest, daß er zwar für Muns deutsche Anhänger ein wünschenswertes besonderes Erlebnis sein könnte, das Ehepaar Mun persönlich zu erleben mehr aber auch nicht. Das reicht nicht aus, die vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Voraussetzungen zu erfüllen.
Das Urteil ist schon deshalb zu begrüßen, weil damit für alle Beteiligten Rechtssicherheit geschaffen worden ist. Darüber hinaus haben die Gerichte einen interessengerechten Kompromiß zwischen der Religionsfreiheit einerseits und den Souveränitätsansprüchen der Bundesrepublik Deutschland andererseits gefunden, und zwar im Sinne eines Regel-Ausnahme-Prinzips.
Nach wie vor gilt der Grundsatz, daß ein Ausländer aus einem Nicht-EU-Staat keinen Anspruch auf Einreise nach Deutschland hat, auch wenn es sich um ein weltanschauliches oder religiöses Oberhaupt handelt.
Die Entscheidung darüber ist ein Ausdruck der staatlichen Souveränität. Ebensowenig hat eine in Deutschland ansässige religiöse oder weltanschauliche Vereinigung einen Anspruch auf Einreise ihrer ausländischen Führungspersonen. Unter dem Gesichtspunkt der Religionsfreiheit ist zwar eine Ausnahme möglich. Sie kann freilich nur dann vorliegen, wenn die persönliche Anwesenheit der Führungsperson von so außergewöhnlicher und herausragender Bedeutung für das religiöse Leben ist daß sie nicht substituiert werden kann. Diese Voraussetzungen sind bei Herrn und Frau Mun erkennbar nicht gegeben.

Aktenzeichen
OVG Koblenz, Urteil vom 13.09.2000, 11 A 10349/99. OVG Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 10.07.2001, BVerwG 1 C 35.00
OVG Koblenz, Urteil vom 07.06.2002, 12 A 10349/99.OVG

Prof. Dr. Ralf Abel, 53,Wirtschafts- und Informationsrechtler, hat jahrelange Erfahrungen als Rechtsanwalt und Notar mit einschlägigen Fragen gesammelt. Nach dem Studium in Tübingen und Göttingen promovierte er mit einer Arbeit über die verfassungsrechtlichen Grenzen der Religionsfreiheit in Bezug auf neue Jugendreligionen. Seit 1995 gehört er zum Wissenschaftlichen Beirat des BERLINER DIALOG.

Dr. Ralf Abel


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