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AUS DER HEIMAT

BERLINER DIALOG 15, 4-1998 - Epiphanias

Liebe Leserinnen und Leser,

auch in diesem Jahr haben wir Epiphaniasfeiern des DCI gehabt:
in Berlin am 3.1., mit Weihnachtsbaum und einem erleuchtenden Vortrag von Frau Nagy zur Geschichte des Adventsbaumes - wie der Adventskranz ein Verheißungsbrauch zur Vorbereitung auf das Christfest.
Verheißung und Erfüllung: Dazu gehört für mich seit ein paar Jahren auch die in Chicago spielende Weihnachtsgeschichte eines Augsburger Dichters, dichterische Beschreibung dessen, was im Lied (EG 15) so besungen wird:

Heimat

Freundlich, freundlich rede du und sprich dem müden Volke zu:
"Die Qual ist um, der Knecht ist frei, all Missetat vergeben sei."

Zweites Weihnachten
Allen, die da waren und mitgefeiert haben, noch einmal herzlichen Dank. Gleich anschließend konnte ich Weihnachten und Epiphanias noch einmal feiern - in Rußland, wo der kirchliche Weihnachtstermin nach dem julianischen, alten Kalender gefeiert wird - also am 25.12., nur daß der Kalender 13 Tage nachgeht. Der 25.12. ist also erst an "unserem" 7. Januar, und das russische Epiphaniasfest, ihr 6.1., ist nach unserer Rechnung und Papst Gregors Kalender dann schon der 19. Januar. Das sind keine Glaubensfragen, sondern Fragen der Tradition. Falsch ist nur, wenn behauptet wird, die Russen würden Weihnachten an Epiphanias feiern - das tun nur die Armenier, die seit 301 eine eigene Staats- und Volkskirche haben und das Weihnachtsfest, wie es die Kirche im Römischen Reich entwikkelt hat (und da, wo es anders war, vom 6.1. auf den 25.12. verlegt hat), nicht "mitbekommen" hat. Falsch ist übrigens auch die Geschichte vom "typisch deutschen" Weihnachtsbaum: In Rußland ist er von Peter dem Großen seit 1701 für Kirchen und wohl auch Amtsstellen verordnet.

Kollekte direkt übergeben
Als ich am 25.12.1998 (alter Kalender) in Moskau ankam, war ich sehr dankbar für diese Kalenderverschiebung. Denn dort holten mich Priester Peter Dynnikow mit Frau und Tochter am Flughafen ab und brachten mich zur Weihnachtsfeier zu Alexander Dvorkin. Dort konnte ich Priester Dynnikow unsere Kollekte vom 3. Januar 1999 (neuer Kalender) in Höhe von 350,- DM für seine Dorfkirchengemeinde überreichen. (Ein besonderer Dank geht an Herrn Papke, Herrn Gilmann und die Kirchengemeinde GroßBehnitz im Havelland).

Konferenz in Sibirien
Am Ende ist die Reise kurz erzählt: Zusammen mit den vier Moskauern Prof. Dvorkin, seiner Frau Irina, Michael und Natascha flogen Prof. Aagaard und ich nach Sibirien. (Zugegeben: Wir zwei hatten Angst, heil zurückzukommen). Dort hielten wir jeder jeweils 9 Vorträge bei der "1. Pansibirischen Konferenz über Totalitäre Kulte und Sekten".
Ich traf dort gute Freunde aus Nowosibirsk, deren Stimme ich bisher nur vom Telefon kannte: Schwester Olga und Erzpriester Alexander Nowopaschin. Finanziell unterstützt wurde die Konferenz von verschiedenen lokalen Unternehmen, u.a. der kleinen Selterwasserabfüllfabrik von Priester Sergej. Von ihm wurden wir in Belokurika mit großzügiger ländlicher Verpflegung traktiert, mit sibirischem Honig und kircheneigenem Selterwasser in Form gehalten und kamen sauna-gestählt und nicht ganz durchgefroren (am Ende waren dort immerhin 27 Grad minus) rechtzeitig zum Epiphaniasfest nach Moskau zurück.

Klerikale Wasserspiele
Dort hatte ich das Vergnügen, mit den Priestern der Hauskirche der TretjakovGalerie singend durch dies Museum zu ziehen, wobei alle Winkel (und alle Mitarbeiter und die Besucher, die sich danach drängten) mit gesegnetem Wasser besprengt wurden. (Denn an Epiphanias wurde alles Wasser gesegnet, weil Christus sich darin taufen ließ.)
Klerikale Umtriebe im Museum? Nun, in diesem Museum befinden sich heute noch einige der wichtigsten Ikonen der Russisch-Orthodoxen Kirche, aus Kirchen geraubt und "nationalisiert". Ich bin sowieso schon lange im ZAIG-5-Computer, dem gemeinsamen Computer von KGB und Stasi gespeichert gewesen - wegen Umtrieben von "klerikalem Charakter". Endlich hatte ich Gelegenheit, dieser Zuschreibung ein Stückchen näherzukommen.

Nutzen der Reise
Wir hoffen und wünschen sehr, daß sich unsere (evangelisch-lutherische) Konferenzteilnahme hilfreich für die Menschen in Sibirien auswirkt. So gut wie alle Kulte und Sekten, auch die, denen es bei uns in letzter Zeit schwerfällt, haben sich in Sibirien, - u.a. durch die Übernahme von großen Studentenheimen, aber auch durch konventionelle Formen der Rekrutierung und Einflußnahme - bedeutende Möglichkeiten verschafft; die Kirche kommt nicht so schnell hinterher, wie es erforderlich wäre. Viele Arbeitsformen in Bereichen, wo Kulte und Sekten erfolgreich sind (Studentenarbeit, Diakonie, Schulwesen) müssen ja erst entwickelt werden. Es gab Zeiten, wo es in ganz Sibirien nicht mehr als drei orthodoxe Priester gab.
Auch die Ev.-Lutherische Kirche in Rußland hat großen Nachholbedarf: Es gibt anscheinend einige ehemals lutherische Gemeinden, die von Neuapostolikern aus Deutschland abgeworben und übernommen wurden, bevor sich die Ev.Lutherische Kirche landesweit reorganisieren konnte...
Es ist schon eine wichtige und hilfreiche Erfahrung, Brief- und Telefonpartner persönlich zu treffen, auch mit anderen neue Kontakte aufnehmen zu können, also zu wissen, für wen und in welche Situation hinein hier bei uns Verständnis, Hilfe und Unterstützung mobilisiert werden muß. In welch bequemen und wohlhabenden Umständen leben wir trotz aller Sparzwänge auch kirchlich! Zugleich wurde mir aber auch deutlich, daß es nicht diese Umstände sind, die die Kirche für das Land und Volk wichtig machen und die die Kirche wachsen lassen. Ermutigender Eindruck: Die mit jungen Menschen gefüllten alten Kirchen Moskaus ebenso wie die nach alten Plänen neu erbauten Kirchen in Plattenstädten Sibiriens - hier ist es, wie in manchen Orten Ostdeutschlands, zwar nicht schwer, das schönste Haus am Platze zu haben. Aber es muß erhalten und gepflegt werden; es muß darin gearbeitet und Gottesdienst gefeiert werden: Nur mit großzügigen Spenden und großen Opfern allein ist dies nirgendwo möglich...

Bitte um Ihre Begleitung
Bitte bleiben Sie uns weiter gewogen; unterstützen Sie unsere Arbeit, auch in Richtung Osteuropa. Alles, was wir an Information mit den Kirchen des Ostens teilen, verhindert einen Rückstoßeffekt, den wir da und dort bereits in offensiverer Arbeit zum Beispiel der Neuapostoliker bei uns in Deutschland bemerken können.

Wie jedes Jahr an dieser Stelle mein Versprechen für dies Jahr, das nun doppelt angefangen hat: Wenn Sie weiter mitziehen durch ihre Mitarbeit, Ihr Eintreten für diesen Dienst in Kirche und Öffentlichkeit, durch Ihre finanzielle Unterstützung, wenn Sie mich weiter ertragen und tragen durch Ihre Fürbitte und Ihren Zuspruch, dann bleibe auch ich bei der Stange, ziehe und schiebe weiter.

Herzlich Ihr Thomas Gandow


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