Scientology

 Osterhoff, Beate: Scientology. 
= GP Magazin. Zeitschrift der IG Chemie-Papier-Keramik. 
Ausgabe Sachsen-Anhalt/Thüringen. S. 18.
Mit ganzseitigen Anzeigen in amerikanischen Zeitungen macht der Sekten-Konzern Scientology Stimmung gegen die Bundesrepublik. Ein Vorwurf der Kampagne: Die Bundesregierung fördere die Diskriminierung religiöser Minderheiten. Zu den Opfern zählt sich - natürlich - auch Auftraggeber Scientology. Hierzulande hingegen beobachten Bundesbürger zunehmend mißtrauischer die Aktivitäten der Hubbard-Jünger. Ein Bericht von Beate Osterhoff.

Egal ob Wohnungssuchende oder Arbeitslose - Scientology läßt niemanden aus, wenn Geld zu verdienen ist. Nachdem die Sekten-Anhänger mit dem 'Professionellen Wohnungsfinden' (Prowofi) schnell die Staatsanwaltschaft auf sich aufmerksam machten, wittern Scientologen ein neues Geschäft: Kaum hatte Bonn private Arbeitsvermittler zugelassen, wurde die Organisation aktiv. 'Die private Arbeitsvermittlung wird ein starkes Standbein für Scientology sein', vermutet die baden-württembergische SPD-Landtagsabgeordnete Carla Bregenzer. Nach ihren Angaben hat sich Scientology bislang schon als Arbeitsvermittler für Stellen mit Jahreseinkommen über 100 000 Mark betätigt. Die neue Regelung erlaubt dagegen auch bei Jahreseinkommen unter 100 000 Mark eine private Arbeitsvermittlung. Das würde Scientology die Arbeit erleichtern.

Doch diesmal gelingt es den Hubbard-Jüngern nicht, problemlos einen neuen Markt zu erobern. Bundesarbeitsminister Norbert Blüm (CDU), so beklagt sich die Sekte, habe den Präsidenten der Nürnberger Bundesanstalt für Arbeit angewiesen, Scientology-Mitgliedern die Lizenz für private Arbeitsvermittlung zu verweigern. Das sei "Religionsbeschimpfung" wettern die Anhänger. Aber da Scientology bei all ihren Geschäften fast immer mit Tarnfirmen und Strohmännern operiert, ist nicht wahrscheinlich, daß sich Sektenmitglieder bei der Bewerbung um Lizenzen als solche zu erkennen geben.

Eine Reihe von Veröffentlichungen und Informationen über die Machenschaften des Sekten-Konzerns lassen inzwischen immer häufiger Bundesbürger mißtrauisch werden. So nahm der Fernsehsender "Eurosport" im August Werbespots der Scientology-Organisation aus dem Programm. Als Begründung nannte der Sender "zum Teil negative Zuschauerreaktionen" und Protest der Sektenbeauftragten der SPD-Bundestagsfraktion, Renate Rennebach. Die Spots sollten ursprünglich bis Ende September gesendet werden. Ein "sofortiger Stopp dieser Spots", argumentierte Rennebach, sei 'angesichts der von Scientology ausgehenden Gefährlichkeit sowohl für die betroffenen Menschen als auch für unser Gemeinwohl dringend geboten'. Sie bezog sich dabei auf einen Beschluß der Innenminister vom Mai dieses Jahres. Danach besitzt Scientology unter dem Deckmantel einer Religionsgemeinschaft 'Elemente der Wirtschaftskriminalität und des Psychoterrors gegenüber ihren Mitgliedern'.

Auch von anderer Seite mußte die Sekte eine Niederlage einstecken. Die Vorsitzende der Schutzgemeinschaft Robin Direkt, Renate Hartwig, veröffentlichte ihr Buch 'Scientology - Ich klage an.'. Innerhalb nur weniger Wochen war die erste Auflage von 15000 Exemplaren vergriffen. Daraufhin verklagte die Sekte Verlag und Autorin auf 100 000 Mark Schadenersatz. Um die Auflage zu steigern, so die Sekte, habe der Verlag 'wissentlich ein frei erfundenes Mordkomplott einer psychopatischen Kriminellen' vermarktet. In einem Kapitel berichtet Renate Hartwig von einer Frau, die als früheres Mitglied im Auftrag von Scientology einen Mordanschlag auf die Autorin und Sektenkritikerin geplant habe. Der Verlag betonte, das Buch sei 'mit größter Sorgfalt recherchiert' und von der Klage habe man aus der Presse erfahren.

Um gegen die immer stärker werdende Kritik etwas zu unternehmen, hat Scientology jetzt in den USA eine Kampagne gestartet. In der 'New York Times' und 'Washington Post', so eine Erklärung der Sekte, mache Scientology 'auf den wachsenden Faschismus in Deutschland aufmerksam. In ganzseitigen Anzeigen wird die aktive Rolle der Bundesregierung in der Förderung von Intoleranz, Diskriminierung und Gewalt gegen religiöse und ethnische Minderheiten in Deutschland demaskiert". Und natürlich zählt sich die Sekte selbst zu den am stärksten diskriminierten Minderheiten.